Montag, 23. Juli 2007

Das Leben ist kurz - Jostein Gaarder

Nachdem ich das Buch von Ian McEwan heute Morgen gelesen hab und danach biken war, hat mich noch mal das Lesefieber gepackt und ich bin mit dem zweiten Buch, welches ich gestern beim Stadtbummel gekauft habe, in die Stadt ins Kaffee gegangen. Jostein Gaarder ist mir wohl bekannt (Das Kartengeheimnis, Das Orangenmädchen, Sofies Welt und Der Geschichtenverkäufer) und so war ich auch auf dieses Buch gespannt.

Gaarder, der Erzähler dieser Geschichte entdeckt in einem Antiquariat in Buenos Aires während eines literarischen Kongresses eine Kassette mit der Aufschrift »Codex Floriae«, welche ein alt erscheinendes Manuskript enthielt. War es eine Fälschung oder war es wirklich so unglaublich wie er erahnte? Nachdem der Verkäufer und er sich geeinigt hatten, war er überzeugt einen guten Kauf getätigt zu haben.

Aurelius Augustinus ist ein christlicher Heiliger und gilt als einer der bedeutendsten Philosophen zwischen der Antike und dem Mittelalter. Auf seinen Schriften aus dem dritten und vierten Jahrhundert nach Christus bauen viele der christlichen Grundsätze auf. Doch Aurelius war kein Heiliger von Geburt an. Im Jahre 370 kam er mit Floria Amalia zusammen, die ihm 372 einen Sohn gebar. Fünfzehn Jahre lebten sie unverheiratet zusammen. Erst 385 verliess Aurelius, teils auf starkes Drängen seiner Mutter, Floria und wendete sich in mehreren Schritten der Religion und Kirche zu.

Hier beginnt die eigentliche Geschichte. Der im Antiquariat aufgetauchte Text besteht aus einem langen Brief, den Floria an Aurelius geschrieben haben soll. Ein Brief in welchem sie ihren Schmerzen Ausdruck verleiht, denn mehr als die Abkehr von ihr und die schon teils fanatische Zuwendung zur Kirche, schmerzte Floria die Tatsache, dass Aurelius sich der Enthaltsamkeit hingab, denn auch die Lust und Sinne seien dem Menschen von Gott gegeben worden.

»Meine Rivalin war nicht nur meine Rivalin, sondern die Rivalin jeder Frau, der Todesengel der Liebe überhaupt. Du selber nennst sie Enthaltsamkeit. Im achten Buch, Aurel!«

Doch mehr noch als eine persönliche Abrechnung Florias mit Aurel, ist das Manuskript eine Anklage an die verstaubte Dogmatik der christlichen Kirche. Eine teils menschenunwürdige Dogmatik, wie immer wieder im text angedeutet wird.

»Ich begreife überhaupt nicht, warum Dir das Weinen so schwer fällt. Neuntes Buch, Aurel! Hältst Du es wirklich für zu fleischlich, Trauer zu zeigen?«

»In Deinen Büchern schreibst Du unablässig über ‚Sinneslust’ und ‚sündhafte Lüste’. Bist Du je auf den Gedanken gekommen, dass Du vielleicht derjenige bist, der Gottes Geschenken Verachtung entgegenbringt?«

Alles in Allem, sicher ein interessantes Buch, wenn mir auch immer wieder an philosophischen und geschichtlichen Hintergrundwissen gefehlt hat um das Gelesene in eine historische Perspektive zu setzen, die es benötigen würde um die volle Tragweite des Geschriebenen zu verstehen. So verkam das Buch für mich an vielen Stellen zu einer Anschuldigung einer verletzten Frau (nicht despektierlich gemeint) und verpasste so die Chance eines der Bücher zu werden, an die ich mich noch lange erinnern werde.

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