Montag, 15. März 2010

The Other Hand – Chris Cleave

It was roughly two weeks ago when an interesting person suggested reading this book in midst of a good discussion. Upon my question what this book was about, she only answered ‚I can’t tell you’, which of course added to my natural curiosity. I ordered the book and once I got it, I couldn’t really stop reading anymore. It is fairly different to the other books I typically read. To what extend? Well, I guess that is hard to explain without telling you some of its content - which the author has explicitly requested not to.

But I guess on an abstract level, one could say that a large part behind the story is about choices we all make in our lives, it is about choices we evade and it is about the consequences of these two ways of choosing. From that point of view, it is a fairly existentialistic novel and throughout various scenes, I kept thinking of Viktor Frankl and his concept of attitudinal values (Einstellungswerte).

According to Frankl, there are three possible ways to categorise our quest for the meaning of life. Besides experiential values (experiencing something or someone we value) and creative values (creating something of value to us or on an abstract level, create value by becoming involved into our own life) it is especially the concept of attitudinal values, which become apparent throughout this novel. In various scenes, Chris Cleave steers his antagonists into predicament and watches them closely how they deal with it, based on their inner most emotions and feelings. Similar to Frankls experiences it transpires, that one part of the equation to meaning in life can be found in agony since it is there, where we face irrevocabilities of life which force us to accept a given situation and leave us no more alternative as to choose our attitude with which we face our fate. It is a remarkable view that this last choice we can make constitutes the largest freedom we own. Fair enough, we have to bear the consequences of our choices and Chris Cleave makes this horribly clear throughout the evolvement of the plot. But it becomes also transparent that if we dare to take such a choice, we defy all chains that have held us back from discovering our very personal meaning of live.


‘Listen Charlie’, I said. ‘Your daddy did not die because you were not there. It is not your fault. Do you understand? You are a good boy, Charlie. It is not your fault at all.’

Charlie pulled himself out of my arms and looked at me.

‘Why did mine daddy die?’

I thought about it.

‘The baddies got him, Charlie. But they are not the sort of baddies Batman can fight. They are the sort of baddies that your daddy had to fight in his heart and I have to fight in my heart. They are baddies from inside.’

Charlie nodded. ‘Is there lots?’

‘Of what?’

‘Of baddies from inside?’

I looked at the dark tunnels, and I shivered.

‘I think everyone has them’ I said.


And now, towards the end of this blog entry, I am looking high and low for a verb that would give an appropriate explanation of my feelings while reading this book – but I guess I really enjoyed reading this book although joy is at all not what one feels while reading it. Either way, it’s worthwhile reading – go for it.

Samstag, 13. Februar 2010

Gedanken zur Melancholie II

Eigentlich ist es schon wieder viel zu spät aber irgendetwas in mir weigert sich vehement mich ins Bett gehen zu lassen, obwohl ich sehr müde bin. Aus den Lautsprechern erklingt die Filmmusik zu Schindlers Liste und ich merke, wie Musik und Gefühle sich gegenseitig bedingen. Die Gedanken versinken immer tiefer und finden, im Geleit der Musik, ihren Ausdruck in einer aufziehenden Melancholie. Ich blättere im Blog zurück und wundere mich, wie lange es her ist, dass ich den letzten Eintrag zur Melancholie geschrieben habe; Gefühlsmässig lag dieser Eintrag nicht so weit zurück.

Für Freud ist die Melancholie „seelisch ausgezeichnet durch eine tief schmerzliche Verstimmung, eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt, durch den Verlust der Liebesfähigkeit, durch die Hemmung jeder Leistung und die Herabsetzung des Selbstgefühls, die sich in Selbstvorwürfen und Selbstbeschimpfungen äußert und sich bis zur wahnhaften Erwartung der Strafe steigert“.

Eine Definition, die ich als sehr oberflächlich empfinde, da sie vermutlich aus dem Blickwinkel der Gesellschaft einem Ideal Tribut zollt, welches heute ohnehin schon fast zum Ritual des urbanen Seins geworden ist – der Zielstrebigkeit gerichtet auf Glück, Erfolg und Selbstbestätigung.

Ja, schmerzlich ist sie; und sie koppelt uns auch ab von unserer Umwelt. Doch genau damit eröffnet sie uns Tore und Wege weit in uns selbst hinein. Wege, die uns in den freudigen Momenten des Lebens nie aufgefallen wären. Mehr noch, sie nimmt uns an die Hand und führt uns auf diese steinigen Wege unserer Selbst.

Doch Verlust der Liebesfähigkeit? Dieser Gedanke liegt mir sehr fern, denn ich kenne die Melancholie als Schwester der Sehnsucht; und zeigt sich Eine, dauert es meist nicht lange, bis auch die Andere sich zu erkennen gibt. Denn oft ist die Sehnsucht(*) alleine zu schwach um sich gegen die Anästhesie des Alltags Gehör zu verschaffen und so wird auch sie von ihrer Schwester an der Hand genommen. Ja, es sind Momente grosser Verletzlichkeit, doch weit weg sind diese von der von Freud beschriebenen Herabsetzung des Selbstgefühls. Im Gegenteil, all das was durch die Geschäftigkeit des Tages überspielt wurde, darf nun in der Nacht und eingebettet in die melancholischen Klänge der Violine aufbrechen und wahrgenommen werden. Dinge, die uns genau so ausmachen wie unser Ego, welches bestrebt ist, die – für uns ebenfalls lebenswichtige - Anerkennung von aussen zu sichern. Es ist wohl die uralte Dialektik zwischen Sicherheit und Selbstverwirklichung, welche hier am Werke ist. Denn das Pendeln zwischen diesen beiden Polen kommt einer dynamischen Stabilität gleich, die uns einerseits im Lot hält und es uns andererseits erlaubt, die Auslenkungen des Lebens und damit das Leben selbst zu erfahren und nicht aus lauter Bedürfnis nach Stabilität die Nulllinie aufsuchen zu müssen, denn diese ist, in ihrer ultimativen Stabilität(**), unser Tod.

Addendum:

(*) Erst beim Durchlesen der eigenen Zeilen ist mir wieder einmal so richtig klar geworden, was diese Sehnsucht eigentlich ist. Es ist die Sehnsucht zu lieben (und nicht, wie unser Ego uns oft sagt, geliebt zu werden). Natürlich lassen sich diese Beiden nicht voneinander trennen, doch es ist wie das Aussähen von Samen, die je nach dem Boden, auf den sie fallen, entweder spriessen oder eingehen. Ich hoffe ich habe die Offenheit diese wachsenden Pflanzen früh genug zu erkennen um sie zu giessen, obwohl ich meine Augen vielleicht in voller Erwartung auf ein anderes Ackerstück gerichtet habe.

(**) Natürlich hat dies (für meinen Glauben) philosophisch betrachtet nichts mit ultimativer Stabilität zu tun, da das (aktiv agnostische) menschliche Leben und der Tod keinerlei Schnittmenge besitzen.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Die Reise mit Paula – irvin D. Yalom

Nun, da die Semesterabschlussprüfungen vorüber sind, habe ich wieder etwas mehr Zeit für die anderen Dinge, welche die letzten Wochen und Monate liegen geblieben sind. Vor einer ganzen Weile habe ich bereits dieses Buch von Yalom gelesen und muss sagen, dass es ein ‚typischer Yalom’ ist.

In 6 Geschichten bietet Yalom Einblick in seine Arbeit als Psychotherapeut, welche wohl am ehesten als eine Verschmelzung aus analytischer Psychologie (Ätiologie), Existenzialismus (Überzeugung) und Humanismus (Haltung) verstanden werden kann. Sechs Geschichten, in welchen die Themen Verlust und Tod mal auf Basis wirklicher Begegnungen, mal erforscht in fiktiven Realitäten, sich als grosse treibende Kraft in unserem Leben zeigen.

Obwohl manche den Gedanken an ihn nicht ertragen können und nicht weiterleben wollen, löschen die meisten von uns das Bewusstsein des Todes aus, indem wir uns in die Aufgaben des Erwachsenenlebens stürzen – wir gründen eine Familie, widmen uns den Karrieren, dem persönlichen Wachstum, erwerben Besitztümer, üben Macht aus, bemühen uns, in allem Sieger zu bleiben. Da stehe ich jetzt im Leben. Nach diesem Stadium treten wir in das späte Lebensalter ein, in dem das Bewusstsein vom Tod wieder auftaucht. Und jetzt ist der Tod entschieden bedrohlich – er steht sogar unmittelbar bevor.

Dies hat mich im Übrigen an die Konstruktion der eigenen Identität und der Tatsache erinnert, dass es für Menschen (überlebens-) wichtig ist, das Gefühl einer inneren Konstanz aufrecht zu erhalten. Dieses uns innewohnende Konstanzstreben, welches so mächtig ist, die Vergangenheit in einem anderen Lichte erscheinen zu lassen, wurde eindrücklich von Kundera in ‚Das Leben ist anderswo’ beschrieben und auch Sloterdijk lies sich wohl durch diesen Gedanken inspirieren, als er im Zuge seiner übungstheoretischen Anthropologiebetrachtung schieb:

Verhalte dich jederzeit so, dass die Nacherzählung deines Werdeganges als Schema einer verallgemeinerbaren Vollendungsgeschichte dienen könnte.

Mir hat das Buch wirklich gut gefallen, da es in vielen Details menschliche Verhaltensweisen aufzeigt und diese in einen grösseren Bezugsrahmen eingliedert, über welchen wir Sinn erzeugen. Es regt ungemein zum Nachdenken an und schafft so eine interessante Betrachtungsweise auf unser eigenes Tun und Handeln.

Natürlich sind diese Betrachtungen in nahezu jedem Buch von Yalom zu finden (Siehe: Die Schopenhauer-Kur, Und Nietzsche weinte, Existenzielle Psychotherapie, Die Liebe und ihr Henker, Der Panama-Hut, Ein menschliches Herz), doch die unterschiedlichen Blickwinkel, die hierbei eingenommen werden, sind meines Erachtens nach sehr hilfreich um aus all den Schatten, die dort beschrieben werden, intuitiv auf das eigentliche Feuer schliessen zu können. Ein Feuer in uns, von welchem wir uns vermutlich nie ein Bild machen können – es aber dennoch intuitiv begreifen können.

Zum Schluss möchte ich noch einen Satz zitieren, welcher den Aspekt der Reziprozität von Liebe ausdrückt ohne kalt und analysierend wie all die anderen Reziprozitätsbetrachtungen zu wirken. Ein Satz, der mir wirklich gut gefällt:

Die Menschen lieben sich, wenn sie sehen, wie sich ein liebevolles Bild von ihnen selbst in den Augen eines Menschen spiegelt, an dem ihnen wirklich etwas liegt.