Freitag, 25. Dezember 2009

Ein menschliches Herz – Irvin D. Yalom

Eigentlich wollte ich ja heute den ganzen Tag auf die Prüfungen im Januar lernen, aber als ich gestern in der Buchhandlung zwei neue Bücher für das kommende Semester abgeholt habe (Entwicklungspsychologie), entdeckte ich auch ein neues Buch von Yalom. Und so sank ich heute mit Cappuccino, einem Glas voll Gummibärchen, frisch gepresstem Orangensaft und mehreren Vanillekerzen gerüstet, in die Fluten meiner Badewanne. Im Hintergrund aus dem Wohnzimmer hörte ich Pink Floyd und begann zu lesen.

Zwar verbindet Bob (Robert L. Berger) und Irv (Irvin D. Yalom) eine lange Freundschaft, und trotzdem hat Bob nie sehr viel darüber erzählt, wie er als Jugendlicher, dessen ganze Familie ermordet wurde, alleine den Holocaust in Ungarn überlebte. Doch als Bob an der 50 Jahrfeier ihrer Approbation Irv am Arm nahm und zur Seite zog sollte sich dies ändern. Im weiteren Verlauf folgt der Leser der Unterhaltung zwischen Bob und Irv an besagter Jubiläumsfeier und wird dabei Zeuge, wie stark die Gegenwart noch nach Jahrzehnten an den Toren der Vergangenheit rütteln kann.

Im Vergleich zu den andern Büchern, die ich von Yalom gelesen habe (Die Schopenhauer-Kur, Und Nietzsche weinte, Existenzielle Psychotherapie, Die Liebe und ihr Henker, Der Panama-Hut, Die Reise mit Paula), ist dieses Buch weder Roman noch Fachbuch. Es erscheint vielmehr die Skizze oder Vorlage eines Romans zu sein. So werden weder die einzelnen Figuren, noch die Umstände detailliert herausgearbeitet. Auch gibt es nur den einen Handlungsstrang der Unterhaltung, aus welchem zurück in die Vergangenheit geblickt wird. All die schriftstellerischen Fähigkeiten, die Yalom ansonsten eigentlich auszeichnen, finden hier also wenig Anwendung.

Und doch ist es irgendwie stimmig, denn das was Yalom beschreibt, erscheint sehr real - vermutlich weil es ebenso real von den Beteiligten erlebt wurde. Sicher hätte ein Roman um diesen Kern die Spannung erhöht oder den Leser stärker in die Vergangenheit entführt. Und trotzdem wird nach dem Lesen des Buches glaube ich klar, warum sich Yalom für diesen Weg entschieden hat. Die Realität der Ereignisse (die mich übrigens einige Male an Frankls Schilderungen erinnert hat) steht für sich selbst.

Samstag, 19. Dezember 2009

François Lelord – Hector & Hector und die Geheimnisse des Lebens

Als ich heute sehr spät aufstand und den Rolladen hochkurbelte, schneite es bereits heftig. Eigentlich hatte ich ja vor einkaufen zu gehen, aber die zu erwartenden Menschenmengen an einem Samstagnachmittag, sowie der viele Schnee hielten mich davon ab. Ich lies mir also die Badewanne einlaufen und schnappte mir ein Buch aus dem grossen Stapel der Bücher, die noch gelesen werden wollen. So lag ich also in der Wanne und las, bis es an der Haustüre klingelte. Doch bis ich mich abgetrocknet und den Bademantel angezogen hatte, war niemand mehr da. Allerdings bemerkte ich, dass es bereits dunkel geworden war.

Von François Lelord habe ich bisher alle Bücher gelesen und sie gefallen mir immer wieder und so habe ich mich auch auf das neue ‚Hector-Buch’ gefreut. Unser Protagonist ist inzwischen älter geworden und hat nun eine eigene Familie. Und ja, sein Sohn heisst auch Hector. Petit-Hector um genau zu sein; und seine Perspektive ist es auch, durch die wie die Welt von Hector, Claire und Petit-Hector kennen lernen.

Eigentlich kommt Petit-Hector (bis auf seinen ausgefallenen Berufswunsch) ganz nach seinem Vater, denn schon früh versucht er die Geheimnisse der Welt zu erkunden und macht sich hierzu ebenfalls Notizen in seinem kleinen Notizbuch. So folgen wir Petit-Hector durch seine – wie er das ausdrückt – verschiedenen Leben. Sein Leben als Kind in der Familie, als Schüler in der Schule, als Freund unter Freunden und allmählich beginnt sich auch eine weitere Welt abzuzeichnen. Eine Welt, die Petit-Hector mit Amandine gleichsetzt.

Wie von Lelord gewohnt, liest sich das Buch sehr flüssig und kurzweilig. Die Zeit verging im Flug, auch wenn man sich manchmal, gerade im Hinblick auf die ersten beiden Hector-Bücher, mehr philosophische Aspekte gewünscht hätte. Aber im Epilog sieht man dann doch auch, dass Petit-Hector und sein Vater ganz ähnliche Schlüsse aus zum Teil ganz anderen Erfahrungen ziehen. Nur eines beschäftigt zumindest die romantisch veranlagten Leser – Was ist mit Amandine???

Alles in allem, ein nettes kurzweiliges Buch, das sicher für alle Hector-Leser ein Muss ist. Allen Anderen würde ich wirklich erst die anderen Hector-Bücher (‚Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück’, ‚Hector und die Geheimnisse der Liebe’ sowie ‚Hector und die Entdeckung der Zeit’), das Vorgängerbuch (‚im Durcheinanderland der Liebe’) oder die populärwissenschaftlichen Bücher (‚Der ganz normale Wahnsinn: Vom Umgang mit schwierigen Menschen’, ‚Die Macht der Emotionen: und wie sie unseren Alltag bestimmen’ und ‚Die Kunst der Selbstachtung’) empfehlen.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Der fernste Ort – Daniel Kehlmann

Von Daniel Kehlmann habe ich bisher nur ‚Die Vermessung der Welt’ gelesen und war ziemlich begeistert davon. Folglich war ich auch sehr gespannt, als ich ‚Der fernste Ort’ vom Stapel der Bücher nahm, die ich noch lesen will. Eigentlich ist der Stapel schon viel zu gross geworden, aber neben all dem, was ich für das Studium lese, kommen im Moment Romane einfach etwas zu kurz.

Julian ist ein Versicherungsangestellter, der zusammen mit seinem Vorgesetzten auf einer Konferenz ist und dort einen Vortrag halten soll. Einen Vortrag, welchen er weder imstande noch willens ist zu halten und so kommt ihm die Gelegenheit sein Ertrinken im nahe gelegenen See vorzutäuschen, um sich aus seinem alten Leben zu verabschieden, wie gerufen.

Im Folgenden vermischt der Autor den Fortgang der Handlung mit Rückblicken aus dem Leben Daniels. Ein Leben, welches unaufhörlich voranschreitet ohne gelebt zu werden. Ein Leben, welches einfach so geschieht und ein Daniel, der schon früh gelernt hat es geschehen zu lassen. Selbst der Ausreissversuch, den Daniel bereits in jungen Jahren unternommen hat und welcher den Hintergrund für die Entwicklung der Geschichte bietet, scheint eher Ausdruck einer unausweichlichen Notwendigkeit des Ganges der Dinge zu sein, als einer sich letztmals aufbäumenden Selbstbestimmtheit zu entspringen. Gezeichnet wird das Bild eines Mannes, der sein Leben getränkt von Dysthymie und Gleichgültigkeit geschehen lässt und wie ein unbeteiligter Zuschauer das sich darbietende Schauspiel verfolgt.

Überzeugt hat mich das Buch jedoch nicht. Zu unmotiviert ist das Verhalten Daniels, und zu plakativ stereotypisch erscheinen mir zuweilen die Schilderungen der Anteilnahmslosigkeit, welche Daniel seinem Leben gegenüber zeigt; Zu forciert der Versuch eine Atmosphäre der bedrückenden Unausweichlichkeit des Schicksals zu zeichnen, welche nur durch Resignation ertragen werden kann. Zwar sind manche dieser Schilderungen gut gelungen, in ihrer Gesamtheit bleiben sie aber - wie das ganze Buch - unglaubwürdig.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Bewegte Bilder – Kseniya Simonova

Gestern habe ich zum ersten Mal eine Vorstellung von Kseniya Simonova gesehen und war hin und weg von dem, was ich da gesehen habe. So etwas habe ich noch nie vorher gesehen.

In Bildern, welche sich bewegen während sie gezeichnet werden, kann man das Altern von Menschen beobachten, kann beobachten wie die Zeiten um sie herum sich ändern, der Krieg den Frieden ablöst und wie aus demselben wieder Neues erwächst. Man wird zum Zeuge, wenn sich Szenen aus dem Leben in den Bildern zu neuen Bildern wandeln und auch neues Leben entsteht – UNGLAUBLICH !!!

Offensichtlich war Kseniya Simonova eine Kandidatin in der Ukrainischen TV-Sendung ‚Ukraine’s Got Talent’, wohl unserem ‚Deutschland sucht den Superstar’ oder ähnlichen Formaten verwandt. So abgedroschen und verödet ich diese Formate finde, so sehr hat mich das, was ich da gesehen habe wirklich bewegt.

Völlig in den Bann gezogen sieht man zu, wie die Bilder passend zur Musik ihre eigenen Geschichten erzählen und was für eine Ausdruckskraft und wie viele Gefühle ein einer schlichten Handbewegung im Sand verborgen sind!

Hier noch eine weitere Animation in zwei Teilen: Teil I, Teil II

Sonntag, 13. Dezember 2009

Tango

Seit einigen Monaten sind es hauptsächlich zwei Dinge, die mich begleiten. Das Lernen fürs Psychologiestudium und das Tango tanzen. Nach dem ersten Tangokurs hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich mich wieder dem Tango zugewendet habe, aber seit ca. 6 Monaten nimmt der Tango sehr viel Raum in meinem Leben ein. Alles hat angefangen mit einem Bekannten, der auch Tangounterricht gibt und mich fragte, ob ich auch Lust hätte mitzumachen – und so fand ich meine jetzige Tangopartnerin. Nach anfänglichem Zögern gehen wir nun mindestens 2 mal die Woche tanzen und mittlerweile trauen wir uns auch auf Milongas, oder sonstige Veranstaltungen wie zum Beispiel den Winterball, welcher gestern stattfand.

Es war wirklich ein ganz toller Abend in einem schönen Ambiente und mit sehr guter Musik und so verbrachten wir ca. 6 Stunden dort, bis um 4 Uhr Morgens die Lichter gelöscht wurden. Die Vorführung von diesem Winterball habe ich leider noch nicht bei youtube gefunden, und so verlinke ich einfach mal zu Vorführungen aus den letzten beiden Jahren. Auch die geben einen guten Eindruck vom gestrigen Abend: Winterball 2007, Winterball 2008.

Und zum Schluss des Blogeintrags noch etwas für Augen & Ohren: Por Una Cabeza (zweite Version), A La Gran Muneca, Epoca, Querer

Samstag, 12. Dezember 2009

Solitaire

Alles begann auf einem Liegestuhl einer kleinen Insel in einem der nördlichen Atolle der Malediven im Jahr 2006. Meine damalige Freundin und ich machten dort Tauchferien und hier und da spielte sie auch Solitaire auf ihrem iPod. Sie erklärte mir die Regeln und ich begann selbst zu spielen. Am Anfang noch relativ unbeholfen staunte ich immer wieder, wie sie eine Lösung sah, wo ich keinen Ausweg mehr fand. Mit der Zeit haben sich dann aber Heuristiken ausgebildet mit denen ich immer besser zurecht kam.

Heute habe ich gerade mein 1000 Solitärespiel gewonnen. Allerdings habe ich auf dem iPod bereits 6556 Spiele gespielt, so dass dies eine Gewinnquote von 15.25% ergibt. Ist das nun viel oder wenig?

Auf den ersten Blick sind diese 15% ein relativ enttäuschendes Ergebnis nach so viel Übung. Zumal ein Paper von Bjarnson et al. (Searching solitaire in real time) den Prozentsatz der gewinnbaren Spiele auf 82%-91% schätzt. Eine Monte Carlo Simulation über 10 Mio. Solitaire Spiele (The probability of unplayable Solitaire Games) ergab weiterhin einen sehr kleinen Prozentsatz unspielbarer Spiele von 0.25%.

Erstaunt war ich auch, dass es anscheinend bis heute kein Computerprogramm gibt, welches einen guten Solitairespieler schlagen kann. Nach Persi Diaconis, einem Mathematiker an der Stanford University, liegen die Erfolgsaussichten der Computerprogramme bei ca. 7%, während ein guter Solitairespieler auf ca. 15% kommt (Hierzu ein Video).

Noch eine kleine Anmerkung zum Bild: Der Durchschnittsgewinn ist natürlich nicht negativ. Der negative Wert geht auf einen Absturz meines iPod zurück, in welchem plötzlich der durchschnittliche Gewinn als negativer Gewinn ausgewiesen wurde und sich seither langsam der positiven Gewinnzone zuneigt ;-).

Nun aber genug mit der Solitaire-induzierten Prokrastination und auf an die Arbeit. Die ersten Klausuren im Psychologiestudium stehen vor der Tür...

Sonntag, 6. Dezember 2009

Depeche Mode

Heute war es wieder soweit. Depeche Mode waren wieder in Zürich und es war einfach genial!!! Das letzte Konzert von Depeche Mode hier in Zürich war am 28.03.2006 und auch da dran habe ich viele schöne Erinnerungen. Erinnerungen, welche sich mit den Eindrücken des heutigen Abends vermischt haben.

Eigentlich habe ich es ja total verpasst Tickets für das Konzert zu besorgen, aber meine liebe Freundin Antje war ausdauernd genug um noch zwei Tickets zu finden, nachdem das ganze Konzert eigentlich schon ausverkauft war. Doch leider musste sie geschäftlich für drei Monate nach Indien und konnte somit heute gar nicht dabei sein. Antje, Indien mag zwar schön sein, aber Du hast echt was verpasst ;-).

Also habe ich mich gefragt, wer in meinem Umfeld der grösste Depeche Mode Fan ist. Keine wirklich schwer zu beantwortende Frage, wenn man Gina kennt ;-) und so haben Gina und ich dem heutigen Tag herbeigefiebert.

Und was soll ich sagen, DM sind einfach eine Liga für sich. Ein absolut geniales Konzert, das leider viel zu schnell vorüber war.

Montag, 30. November 2009

Gedanken...

Heute sass ich in meinem neuen Sessel und hörte durch Zufall Craig Armstrong. Ich schloss die Augen und wurde zurückversetzt in eine Zeit, in welcher ich oft im Starbucks sass und dort gelesen habe. Genauer gesagt, war es ein Moment, in welchem ich das Buch 'Das Kartengeheimnis' von Jostein Gaarder gelesen habe. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie man die ganzen Gefühle, die man mit einer Situation verbindet durch einen simplen akustischen oder olfaktorischen Reiz wieder nachfühlen oder gewissermassen neu durchleben kann. Und so ging es mir eben auch, als ich völlig entspannt auf dem Sessel lag und 'Lauras Theme' aus der CD 'The Space Between Us' hörte.


Verbunden mit diesem Moment kamen mir auch wieder einige Gedanken bezüglich dem Wort 'Aufmüpfig'. Ich finde immer noch, dass dieses Wort enorm viel an Unausgesprochenem und lediglich angedeutetem Inhalt in sich vereint und gerade eben ist mir ein weiterer Aspekt hierzu eingefallen. Letztendlich vereint das Wort 'Aufmüpfig' für mich einen Antagonismus, welcher die meisten Menschen in ihrem Leben beschäftigt. Nämlich den Antagonismus der Nähe-Distanz.


Einerseits impliziert das 'Aufmüpfig sein' ein solides Fundament der Akzeptanz, Wärme und Geborgenheit, auf Basis der man erst aufmüpfig sein kann. Andererseits impliziert es das Streben nach der Erfüllung der eigenen Freiheit abseits jeglicher Sicherheiten durch eine Art der Revolution. Doch diese Art der Erkundung der eigenen Freiheit (ganz im existenzialistischen Sinne gesehen als die Übernahme der Verantwortung für das eigene Handeln) wirkt wie ein Anästhetikum für das Bedürfnis, welches hinter dem Auflehnen steht. Denn auch dies nimmt das Wort 'Aufmüpfig' vorweg - das Aufmüpfig sein ist nicht von Erfolg gekrönt. Es ist vielmehr ein kurzer Ausflug in die Welt der Revolution um sich danach wieder in die wohl behaltene Welt des Fundamentes einzukuscheln.


Doch welches Bedürfnis steckt nun hinter der Auflehnungskomponente des Aufmüpfigen? Vermutlich der Wunsch des Menschen sein eigenes Potenzial auszufüllen. Sich zu lösen von der Basis, die man bereits als kleines Kind von den Eltern erhalten hat und sich so wohl darin gefühlt hat. Eine Basis ohne Bedingungen. Vielleicht auch sich zu lösen von dieser Basis um selbst eine neue solche Basis zu erschaffen, die ihrerseits wieder für eine weitere Generation anfänglichen Halt und Sicherheit bietet. Auf jeden Fall aber der Wunsch sein eigenes Leben mit dem zu erfüllen, was man selbst ist - oder wie Nietzsche dies sagte: "Werde, der Du bist!".


So gesehen ist die Aufmüpfigkeit ein Experimentierfeld für Kinder, sich bereits der Erfüllung ihres Potenzials zu widmen ohne die beschützende und wärmende elterliche Basis aufgeben zu müssen. Für Erwachsene mag sie hingegen genau das Gegenteil sein - das Herbeisehnen einer bedingungslosen Wärme und Geborgenheit, welche man benötigt um der zu werden, der man ist.


Dienstag, 12. Mai 2009

Psychotherapeutische Verfahren I - Dirk Revenstorf

Im ersten seiner vier Bände über die verschiedenen Schulen von Psychotherapeutischen Verfahren, beschäftigt sich Dirk Revenstorf mit den tiefenpsychologischen Aspekten der Psychotherapie. Die ca. 60 Seiten des ersten Kapitels sind jedoch einer allgemeinen Einleitung gewidmet, in welchem der Autor einerseits die grundlegenden Ansätze der verschiedenen Strömungen innerhalb der Psychotherapie, sowie andererseits die Aspekte für eine wissenschaftlich komparative Sicht auf diese Ansätze beschreibt. So nehmen Themen wie ‚Therapie-Evaluation’, ‚Therapieprozess’ wie auch ‚Ethik des Psychotherapeuten’ eine zentrale Stellung in diesem Kapitel ein.

Das zweite Kapitel widmet sich dann ausgiebig Freud, dem Urvater der Tiefenpsychologie und seiner Psychoanalyse. Doch so interessant und richtungweisend manche seiner Gedanken gewesen sein mögen, so schnell lässt Freuds Pansexualismus, welcher im Fin de Siècle wohl revolutionär und angebracht war, vor dem Hintergrund der heutigen Gesellschaft Langeweile aufkommen. Nichts desto trotz empfand ich dieses Kapitel speziell im Hinblick auf Historie und Entstehungsgeschichte der Psychotherapie interessant.

Im folgenden Kapitel erweitert Revenstorf den von Freud vorwiegend auf das einzelne Individuum verstandenen Begriff des Unbewussten auf das von Jung postulierte kollektive Unbewusste, welches den Nährboden für dessen Archetypen darstellt. Hiermit wird das Gebiet der für die Ontogenese wichtigen Faktoren um die Phylogenese erweitert, denn Jung sieht in diesen Archetypen das psychische Erbe der Evolution im Individuum manifestiert.

Im vierten Kapitel tritt neben der bisher vorherrschenden geistig-psychischen Sichtweise, der Körper des Menschen ins Blickfeld der Psychotherapie. Während dieser Versuch der Integration des Körpers bei Reich noch interessante, aber teilweise doch irgendwie abstruse Züge annimmt, so merkt man wohl im Laufe des Kapitels, wie diese Bewegung Grundlage für viele der heute verbreiteten Sichtweisen (in etwa der Gestaltpsychologie oder des Embodiment) darstellt.

Anknüpfend an die Bewegung des dritten Kapitels, in welchem die Phylogenese als gestaltendes Element der Ontogenese eingeführt wurde, wird im fünften Kapitel der soziale Aspekt als einer der Triebkräfte auf die individuelle Entwicklung auf Basis der Gedanken Adlers hervorgehoben. So findet sich auch schnell der Übergang zu Bernes Transaktionsanalyse, welche den Hauptteil dieses Kapitels ausmacht.

Als einen prägnanten Abriss über die frühen Anfänge der Tiefenpsychologie, deren Wurzeln bis in fast alle moderneren Formen der Psychotherapie hineinragen, hat mir dieses Buch gut gefallen. Aus heutiger Sicht mögen zwar manche der zugrunde liegenden Gedanken als abstrus oder überholt gelten, doch bezogen auf deren historischen Kontext und die damit verbundenen Fragestellungen und Themen der damaligen Gesellschaft, erhält der Leser die Möglichkeit der abstrakten, aus seinem Umfeld herausgelösten Betrachtungsweise, welche mich mehr als einmal dazu angeregt hat darüber nachzudenken, wie wohl die heutigen Ansichten bereits in naher Zukunft wirken werden. Gedanken, die mich des Öfteren an folgende Zeilen aus Giuseppe Tomasis Roman ‚Il Gattopardo’ (Der Leopard) erinnert haben:


„Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt, wie es ist.“

 

Sonntag, 3. Mai 2009

Psychologiestudium

Seit der Hochzeitsfeier meiner Cousine vor mehr als einem Jahr, an der ich mich mit der Frau eines meiner Cousins über Psychologie unterhalten habe, überlege ich mir nun Psychologie zu studieren. Sie studiert Psychologie an der Fernuni Hagen und zu Anfang war ich eigentlich auch entschlossen dies zu tun. Doch dort ist keinerlei Fokus auf klinische Psychologie während des Studiums gelegt und dem gilt eben mein primäres Interesse.

Auch war ich bis zu meinem Sabbatical geschäftlich so eingespannt, dass ein volles Studium parallel zur Arbeit kaum denkbar war – das sagte ich mir zumindest. Doch während der letzten Monate wurde mir klar, dass mein Herzblut im Bereich der klinischen Psychologie liegt und ich dem mehr nachgehen will. Meine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Dargebotenen Hand und die damit verbundene Ausbildung haben mich seither nur noch bestätigt.

Vor einigen Monaten entdeckte ich dann das Angebot der Schweizer Fernuni, deren Studienangebot im Bereich Psychologie mir viel mehr entgegen kommt als das anderer Fern-Universitäten. Und so waren die letzten Monate gefüllt mit Abwägen, Verwerfen, begeistert sein, erneut Verwerfen und vielen weiteren Gedanken, wie ich das Studium in mein Leben integrieren könnte. Denn die 6 Semester, die das Studium (B.Sc. Psychology) Vollzeit an einer Uni dauert, erstrecken sich als berufsbegleitendes Studium auf  9 Semester und diese bedeuten eine erhebliche Arbeitsbelastung für die nächsten 4 ½ Jahre. Aber ich habe mich letztendlich dazu durchgerungen mich auf einen der Studienplätze zu bewerben, da ich immer mehr zur Überzeugung gekommen bin, dass man dort hingehen muss, wo das eigene Herzblut fliesst (auch wenn das eigene Sicherheitsbedürfnis und die Gewohnheit manchmal vehement opponieren mögen - oder vielleicht gerade dann).

Und gestern habe ich ihn in meinem Briefkasten gefunden – Den Zulassungsbescheid zum Studium!!!! *FREU*. Und so bin ich nun nach all den Jahren, die mein Physikstudium her ist, wieder Student. Das wird wohl eine ganz spannende aber auch sehr arbeitsintensive Zeit werden.

 

Donnerstag, 30. April 2009

FlyKKiller / Pati Yang

Vor einer Weile unterhielten eine Bekannte und ich uns via email über Musik. Bei dieser Gelegenheit machte sie mich auf Pati Yang aufmerksam und meinte, dass mir diese Art von Musik wohl auch gefallen könnte – Wie wahr!



Seit einigen Wochen laufen die Sounds von Pati Yang oder FlyKKiller (1, 2), zu denen Pati Yang gehört, des Öfteren bei mir und als ich heute im Fitness wieder FlyKKiller hörte, dachte ich, sie hätten auch einen Platz auf meinem Blog verdient.

Und hier noch zwei weitere Songs. Der erste Song, Fear, stammt ebenfalls von FlyKKiller während All that is thirst auf Pati Yangs Solo CD Silent Treatment zu finden ist.

Danke für den Tip Gina ;-)

 

Dienstag, 28. April 2009

Das empathische Gehirn – Nadia Zaboura

In letzter Zeit ist mir das Thema Spiegelneuronen immer wieder mal über den Weg gelaufen. Grund genug also, sich damit eingehender zu beschäftigen. Nach kurzer Amazon-Recherche habe ich dann ‘Das empathische Gehirn’ von Nadia Zaboura sowie ‘Empathie und Spiegelneurone’ von Giacomo Rizzolatti, einem der Entdecker der Spiegelneuronen bestellt.

Nun aber zum eigentlichen Buch. In neun Kapiteln erläutert Nadia Zaboura, wie die Spiegelneuronen ihrer Meinung nach die Grundlage für intersubjektives Verständnis, Empathie und menschliche Kommunikation schaffen. Nach einer kurzen Einleitung ‘Menschlichkeit: Ein geistiges oder biologisches Phänomen’, welche bereits ganz am Anfang des Buches auf die Dichotomie hinweist, in welche die derzeitige Forschergemeinde verfallen zu sein scheint (mehr dazu später), folgen drei historisch motivierte Kapitel, welche von Descartes über Husserl bis Merleau-Ponty reichen und reichlich Einblick in den geschichtlichen Werdegang der Leib-Seele Debatte geben.

Das fünfte Kapitel gibt dann in eher faktenorientierter Art und Weise die wichtigsten Erkenntnisse aus der Spiegelneuronenforschung wieder und dient somit als Basis für die letzten vier Kapitel, welche diese Erkenntnisse aus einem sozialwissenschaftlichen Fokus diskutieren und wohl das eigentliche Anliegen des Buches darstellen.

Neben den vielen Fakten und Anregungen zu neuen Gedanken, die mir dieses Buch gegeben hat, bin ich aber vor Allem erstaunt über die bereits oben angesprochene Dichotomie der Publikationen, welche man in diesem Forschungsgebiet und eben auch in diesem Buch findet. Während des Lesens hatte ich des Öfteren das Gefühl, dass sie Autorin sich auf emotionaler Ebene sehr stark dem humanistischen Gedankengut verbunden fühlt und aus dieser Sicht heraus das Gedankengut anderer Neurowissenschaftler wie Singer und Roth (auf die sie sich des Öfteren zu beziehen scheint, ohne sie jedoch zu nennen) als gefährlich und unterminierend empfindet. Eine Haltung, die mich als Physiker stellenweise an die Welle-Teilchen-Dualismus-Debatte erinnert, welche erst in der Quantenmechanik des 20. Jahrhunderts ihre Auflösung fand.

Zugegebenermassen sind die Neurowissenschaften ein mir relativ neues Gebiet, doch nach all dem, was ich gelesen habe scheint mir, dass Singer als wohl populärster Vertreter des ‚neurologischen Determinismus’ sich in seinen Betrachtungen hauptsächlich auf ‚Stimulus-Response’ Betrachtungsweisen fokussiert (da diese experimentell direkt messbar sind), während die Vertreter des ‚freien Willens’ vorwiegend auf längeren zeitlichen Abschnitten, wie etwa der Ontogenese oder gar der Phylogenese argumentieren. So gesehen, zwängt sich für den Physiker wieder die Analogie zur Quantenmechanik auf, denn die Newton’schen Gesetze, welche unsere alltägliche Erfahrungswelt in den zeitlich relativ langen Massstäben gut beschreibt und welche wir aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte auch als intuitiv eingängig erachten (als Parallele zum Humanismus), geht als Spezialfall für makroskopische Systeme aus der Quantenmechanik hervor, ohne diese zu konkurrenzieren.

Dies scheint mir in gewisser Weise auch der Fall in den Neurowissenschaften zu sein, denn jede der beiden Orientierungen scheint in ihrem eigenen Wirkungsbereich erstaunlich gute und vor Allem belegbare und reproduzierbare Deutungen und Vorhersagen hervorzubringen. Es ist lediglich der Phasenübergang zwischen diesen beiden Wirkungsbereichen, welcher sich weder aus der Einen, noch der Anderen Theorie ergibt. Analog der Entstehungsgeschichte der Quantenmechanik könnten wir daraus schliessen, dass die Erkenntnis über eben diesen Phasenübergang nicht durch das Ausdehnen einer Phase (oder eben einer Ideologie) auf Kosten der Anderen entstehen kann. Vielmehr geht es um das Abstrahieren des derzeitigen Zustandes aus dessen Destillat sich beide Ideologien als Spezialfälle ergeben. Anders ausgedrückt geht es um die übergeordnete epistemologische Instanz.

Alles in Allem, um noch einmal auf das Buch zurück zu kommen, war es jedoch interessant sich seinen Gedanken und Sichtweisen hinzugeben und diese aufzunehmen, auch wenn es stellenweise in Hinblick auf Sprachgebrauch und Komplexität recht anfordernd war.


Montag, 20. April 2009

Der Panama-Hut - oder was einen guten Therapeuten ausmacht – Irvin D. Yalom

Wäre ich beim Stöbern in der Buchhandlung auf ein Buch mit dem Untertitel ‘Was einen guten Therapeuten ausmacht’ gestossen, so hätte ich es wohl ganz schnell wieder ins Regal zurück gestellt, denn üblicherweise erregen Titel, die ganz im Stil des Massenmarktes der Lebensratgeber ihre Einsichten in leicht zu befolgenden Imperativen versprühen, meine ganze Skepsis. Auch der Aufbau des Buches, sowie die Überschriften, welche mir zu ‘catchy’ sind, sprechen mich nicht wirklich an und ehrlich gesagt, hat es mich auch erstaunt, dass Yalom dieses Format gewählt hat um diverse Aspekte aus seinem 45jährigen Berufsleben als Psychotherapeut weiter zu geben, denn aus den bisherigen Büchern, speziell aber aus seinem Fachbuch ‘Existenzielle Psychotherapie’, habe ich ihn als sehr wissenschaftlich denkenden Autor kennen gelernt.

Aber eben, Skepsis einer bestimmten Sache gegenüber ist ein Vorurteil, welches in Abwesenheit detaillierteren Wissens durchaus seine Berechtigung hat (denn Vorurteile geben uns Leitlinien, wie wir mit Dingen umgehen können, für die wir keinerlei Erfahrungswerte haben). Man muss einfach nur bereit sein, seine Vorurteile in Anbetracht neuer Erkenntnisse zu revidieren. Und so erging es mir auch relativ schnell, als ich mir dieses Buch aufgrund meiner bisher guten Erfahrungen mit Yalom vornahm.

In 85 Kapiteln beschreibt Yalom die prägendsten seiner Erfarungen zu grundlegenden Fragen therapeutischen Schaffens. Gut die Hälfte des Buches ist, wie kaum anders zu vermuten war, der Beziehung zwischen dem Therapeuten und dem Klienten gewidmet. Ein Thema, welches zwar in all seinen Büchern eine zentrale Stellung einnimmt, in seiner Verbindung mit dem ‘Hier-und-jetzt’-Konzept für mich jedoch einige Aha-Erlebnisse inne hatte. Die Art und Weise, wie es Yalom gelingt die Pathologien, wegen derer er von seinen Klienten aufgesucht wird in den Sitzungen mit ihnen zu reproduzieren und sie in diesem Moment als Symptomatik zwischen Therapeut und Patient zu betrachten (und nicht etwa als meist verzerrte Wahrnehmung bereits vergangener Geschehnisse) war für mich sehr lehrreich. Mir gefällt in diesem Zusammenhang auch die Überzeugung Yaloms, dass sich der Therapeut viel weniger auf die archäologische Arbeit bezüglich der Vergangenheit des Patientens und dafür mehr auf dessen Interaktion in der Gegenwart fokussieren sollte. Eine solche Auffassung, die in den neueren Zweigen der Psychotherapie häufiger anzutreffen ist, bereichert in meinen Augen die klassische Psychoanalyse ungemein und macht diese für mein Empfinden viel menschlicher und wertschätzender.

Die weiteren drei Themenbereiche, die die andere Hälfte des Buches ausmachen, widmen sich im Folgenden neben den ganz praktischen prozeduralen Themen einer Psychotherapie noch der Verwendung von Traummaterial in der Psychoanalyse sowie den Potentialen und Gefahren psychotherapeutischer Arbeit aus Sicht des Therapeuten.

Alles in Allem ein Buch, von dem ich doch einiges profitiert habe. Zwar überzeugt es mich nicht in dem Masse wie die vorherigen Bücher, die ich aus Yaloms Feder kenne, doch Grund um meine oben beschriebene Skepsis aufzugeben, habe ich allemal ;-).

 

Freitag, 17. April 2009

Die Liebe und ihr Henker – Irvin D. Yalom

Nachdem ich grosse Freude an den letzten drei Büchern von Yalom hatte, die ich über die letzten Wochen hinweg gelesen habe, mache ich in dieser Richtung gleich weiter und stelle heute “Die Liebe und ihr Henker” vor. Nach zwei Romanen (Die Schopenhauer-Kur , und Nietzsche weinte) und einem Fachbuch (Existenzielle Psychotherapie), handelt es sich bei diesem Buch von Yalom um eine Sammlung von 10 Fallbeispielen aus seiner eigenen Praxiserfahrung.


Wer Yalom schon etwas besser kennt, der wird kaum von seiner Haltung, Technik und emotionalen Nähe überrascht sein, doch im Gegensatz zu den anderen Büchern, dir ich von ihm gelesen habe, tritt für mein Gefühl in diesem Buch ein wichtiger Aspekt in den Vordergrund – Die Menschlichkeit des Therapeuten. Während wir zum Beispiel in Frankls Schriften auf viel Narzissmus stossen, so finden wir bei Yalom an den betreffenden Stellen eine enorm grosse Bereitschaft sich selbst zu hinterfragen und sich seinen eigenen allzumenschlichen Bedürfnissen gewahr zu werden, und diese auch mit einer Offenheit anzusprechen, die ich selten in dieser Form gesehen habe.

Gekonnt weckt Yalom mit seinem typischen empathischen und sehr kurzweiligem Schreibstil die Neugier des Lesers bezüglich jedes einzelnen Falls, welchen er beschreibt, und findet dennoch eine ausgewogene Balance zwischen diesen vertikalen Erkundungen der Fallbeispiele und der übergreifenden horizontalen Erkundung der Grundlagen seiner Form der Psychotherapie. Eine Schreibweise, die sich gleichermassen an die Neugier, wie auch den Intellekt des Lesers wendet und in keinem der beiden Fälle das Fundament der Empathie verlässt.

Wem die Romane ‘Die Schopenhauer-Kur’ und ‘und Nietzsche weinte’ zu philosophisch und das Fachbuch ‘Existenzielle Psychotherapie’ zu systematisch ist, der wird an diesen zehn Einblicken in die klinische Arbeit eines humanistisch- existenziell geprägten Psychotherapeuten seine Freude haben.

 

Dienstag, 7. April 2009

Existenzielle Psychotherapie – Irvin D. Yalom

Gestern Nachmittag lag ich in der Sonne am See, genoss das Geräusch des plätschernden Wassers, die aufblühende Landschaft und die Freude der Leute um den einziehenden Sommer. In dieser angenehmen Umgebung habe ich dann auch die finalen Seiten des Buches gelesen, welches mich die letzten zwei Wochen stark beschäftigt hat (und vermutlich auch noch lang beschäftigen wird).


Nach den beiden Romanen (Die Schopenhauer-Kur sowie Und Nietzsche weinte), welche ich von Yalom gelesen habe, hatte ich Lust auf dieses Werk bekommen, denn es ist einerseits Yaloms Erzählstil, der sehr viel Kurzweiligkeit in seine Texte bringt, sowie seine Sichtweise auf unsere Welt, die ich in vielen Dingen sehr bereichernd und erfrischend finde. Zwar darf man Yalom durchaus zur Gilde der Analytiker zählen, doch er schafft es, das stark Vergangenheitsgeprägte und deterministische Weltbild der Analytik zu entwurzeln und in einem, für unsere Zeit fruchtbareren Boden neu anzusiedeln.

So spricht Yalom selbst auch nicht von einer neuen formellen Schule, geschweige denn einer neuen Organisation mit Namen 'Existenzielle Psychotherapie'. Vielmehr erkennt er das Potential des Handwerkszeugs verschiedener Psychotherapeutischer Schulen (obwohl er klar analytisch denkt und agiert, geht er doch des Öfteren in andere Ansätze wie Gestalttherapie oder systemische Therapie über und beleuchtet auch diese) an, legt ihnen jedoch eine neue existenzielle Sichtweise zu Grunde. Eine Sichtweise, die in meinen Augen der heutigen Gesellschaft um einiges gerechter wird, als die Sichtweisen der klassischen Analytik, die parallel zum Ausbruch des Fin de Siècle aus einer fast schon Viktorianisch geprägten Gesellschaftsordnung entstanden ist.

Aus was besteht also dieser neue Boden? Für Yalom sind es ganz existenzielle Dinge wie Tod, Freiheit, Isolation und Sinnlosigkeit, mit denen wir als Menschen schon sehr früh konfrontiert werden und somit auch bereits in diesen frühen Jahren lernen müssen damit umzugehen. Oft bewältigen wir diese herausfordernde Aufgabe, indem wir die Angst, die von solch existenziellen Dingen ausgeht, in eine konkrete Furcht umwandeln, welche sie fassbar und handhabbar macht. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Mensch jedoch weiterentwickelt, entsteht aus dieser Übersetzung von Angst in Furcht eine Verschiebung, die meist wachstumshemmend wirkt. Die daraus entstehende Dynamik der Wachstumshemmung versucht Yalom mittels seines existenziellen Ansatzes an die Wurzeln der Angst zurückzuführen, um sich dieser Angst erneut, aber diesmal mit einer grösseren Weisheit und Mächtigkeit zu stellen, als man das im frühen Alter konnte. Nun erkennt man auch, dass es sich nicht um eine neue psychologische Methode handelt, sondern um bewährte und bekannte Methoden verschiedener Richtungen, welche im Lichte einer neuen Fragestellung (Tod, Freiheit, Isolation und Sinnlosigkeit) breitere Farbenvielfalt zeigen.

Im Folgenden geht Yalom sehr detailliert auf jedes der vier Themenbereiche ein. Im ersten und längsten Kapitel über den Tod beleuchtet er das Faktum, dass der Mensch sehr viel Lebensenergie darauf verwendet, die Todesangst, welche sich schon in frühen Jahren gebildet hat, zu verleugnen. Auf der Basis der weit reichenden Wirkung dieser Angst beschreibt Yalom plastisch an vielen klinischen Beispielen, wie verzwickt die sich daraus ergebenden Verschiebungen sein können und wie aufmerksam ein Psychotherapeut im Gegenzug sein muss, um sich dieser Thematik erfolgreich zu nähern. Über die Jahre hinweg haben sich jedoch für Yalom zwei Grundtypen dieser Verschiebungen herauskristallisiert.

Zum Einen ‚Der Glaube an die eigene Unverletzlichkeit und Besonderheit’ und dem daraus resultierenden Streben nach Autonomie, Macht, Effizienz und Kontrolle. Also Werte, die man in vielen Bereichen unserer Gesellschaft antrifft und die durchaus Schatten ein und desselben (existenzialistischen-) Feuers sein mögen.

Zum Anderen beschreibt Yalom ‚Den Glauben an den letzten Retter’, der ursprünglich stark im religiösen Kontext zum Tragen kommt, sich jedoch in der heutigen säkularen Gesellschaft auch auf andere Weise bemerkbar macht. So tritt heute oftmals ein Partner, die Eltern oder ein anderes (manchmal schwächeres, manchmal stärkeres) Individuum an die Stelle des letzten Retters, oder wird sogar vom Patienten dorthin berufen, ohne sich im Genauen über diese Funktion bewusst zu sein.

Wenn man speziell die Verschiebung 'des letzten Retters' betrachtet, so kommt man schnell zum zweiten grossen Teil in Yaloms umfassenden Werk - der Freiheit. Denn parallel mit dem Aufbau eines pathologischen Machtgefälles, welches Grundlage für diese Lebensbewältigungsstrategie ist, geht die Ablehnung der Verantwortung für sein eigenes Leben einher. In mir bis daher nicht bekannter Plastizität, führt Yalom einerseits in diese existenzialistische Sichtweise anhand verschiedener literarischer texte ein, während er gekonnt den Bogen in die Psychotherapie spannt und diesen mit wirklich interessanten Fallbeispielen untermauert. Es ist wunderbar zu lesen, wie Yalom die philosophischen Ansätze von Denkern wie Nietzsche, Camus, Sartre (1, 2, 3, 4, 5) oder Heidegger mit alltäglichem Menschenbezug anreichert und sie so in meinen Augen regelrecht vervollständigt. Jeder, der den Texten der oben genannten Philosophen etwas abgewinnen kann, wird von diesem Kapitel begeistert sein. Für mich waren die Texte zur Freiheit, oder besser gesagt, deren Bedrohung der art, dass sie uns die volle Verantwortung für unser Leben in lediglich unsere beiden, manchmal schwachen, Hände legt enorm interessant.

Im Abschnitt über die Isolation beleuchtet der Autor neben der interpersonalen und intrapersonalen Isolation hauptsächlich die spezielle Form der existenziellen Isolation und zeigt ihre möglichen Ausdrucksmöglichkeiten durch eine der vorherig genannten Arten der Isolation. Eng verwandt mit der Last der Freiheit, die wir zu manchen Zeiten gerne in die Hände Anderer, uns wohl gesonnener Menschen legen würden, ist auch die Last der letztendlichen Einsamkeit mit sich selbst, die nur vordergründig durch die Anwesenheit eng verbundener Menschen gelindert wird. Yalom zeigt auch hier wieder anhand eindrücklicher klinischer Fallbeispiele und vieler Referenzen, dass es tatsächlich eine Grundlage für eine wachstumsorientierte Beziehung zu anderen Menschen ist, diese existenzielle Angst der Isolation und die anderen Arten der Isolation zu entflechten und diese als das zu erkennen, was sie wirklich sind.

Der letzte grosse Abschnitt in Yaloms Werk widmet sich dem Sinn, oder in seiner pathologischen Ausprägung, der absoluten Absenz des Sinnes, wobei er sich stark auf das Gedankengut von Viktor Frankl bezieht. Hier hätte ich mir durchaus noch einige andere Gedankenkonstrukte gewünscht. Was jedoch sehr interessant war, war Yaloms Sichtweise auf die Genese Frankls Theorie und somit deren Fokussierung. Durch Yaloms Bemerkungen zu Frankls Gedankenkonstrukt hat sich dieses für mich enorm geweitet und auch etwas den Anschluss an andere, für mich interessante Konstrukte, gefunden.

Von Aufbau, der Struktur und Schreibweise ist Yaloms Werk sehr verständlich und interessant aufgebaut. Jedes der vier grossen Kapitel enthält eigene Kapitel oder Abschnitte über die Einführung in die eigentliche Thematik, die Wirkungsweise und das Erkennen der diversen Symptomatiken, sowie die Diskussion eines möglichen therapeutischen Ansatzes. Doch die Fülle an Information und die weitreichende Natur der Gedankenkonstrukte fordert den Leser in besonderer Weise. Dies ist jedoch alles andere als eine aufkeimende Kritik an einem für mich phantastischen Einblick in eine, mir sehr heimisch fühlende Sichtweise auf den Menschen der heutigen Zeit. Ein wirklich bereicherndes Buch, welches ich jedem, der sich für Psychotherapie und/oder Philosophie interessiert nur ans Herz legen kann.

 

Samstag, 4. April 2009

Panic – Henry Bromell

Der Film ist gerade fertig und ich höre noch die letzten Töne des Abspanns, sehe die letzten Bilder von Vater und Sohn und spüre die letzten Tränen, wie sie langsam auf meinen Wangen trocknen.


Eigentlich hab ich denFernseher nur aus Langeweile angestellt und hatte nicht wirklich vor Fern zu sehen. Typischerweise zappe ich in solch einer Stimmung etwas herum, bis ich dann einschlafe. Doch bereits die ersten Bilder dieses Films zogen mich so in ihren Bann, dass ich die Fernbedienung weg legte, alle Lichter ausschaltete und die Bilder auf mich wirken lies.

Alex (William H. Macy) besitzt zwei Berufe. In seiner Wohnung betreibt er einen kleinen Versandhandel und vertreibt Küchenutensilien genau so wie Erotik-Artikel. Den wahren Unterhalt für seine Familie verdient Alex jedoch mit seinem zweiten Beruf: Er tötet Menschen. Gelernt hat er diesen Beruf von seinem Vater, der immer noch die Geschäfte führt und für den Alex seit seiner Jungend arbeitet. Doch je mehr Alex’ eigener Sohn auf das Alter zugeht, in welchem Alex das erste mal eine Waffe abfeuerte, desto mehr schlägt seine fast angeboren erscheinende Dysthymie in eine tiefe Krise um.

Um sich seiner selbst wieder habhaft zu werden, wendet sich Alex an einen Psychoanalytiker, in dessen Wartezimmer er Sarah (Neve Campbell) trifft, deren geheimnisvolle und melancholische Leichtigkeit ihn in ihren Bann zieht. Doch als ein paar Wochen später sein Vater ihm den Umschlag mit den Unterlagen für seinen neuen Auftrag überreicht beginnt der Auftakt für ein dramatisches Ende.

In vielen Stellen hat mich dieser Film an ‚Lost in Translation’ erinnert. Da ist zum Einen der traurig sentimentale Gesichtsausdruck, den Bill Murray und William H. Marcy sich teilen. Zum Anderen ist es sicher auch das Zusammentreffen des Familienvaters mittleren Alters und dem jungen Mädchen, das die sonst so transzendenten Themen Sinn und Freiheit für den Zuschauer unterschwellig greifbar macht, ohne sie je direkt anzusprechen. Aber vor Allen Dingen sind es die phantastischen Bilder, die langsamen, fast schon behutsamen Einstellungen und die wirklich passende Musik, die ein intensives Gefühl von dem vermitteln, was nie wirklich direkt ausgesprochen wird.



Samstag, 28. März 2009

Traumnovelle - Arthur Schnitzler

Als ich neulich abends gelangweilt im Wohnzimmer sass und etwas rumzappte, bin ich auf den Film 'Eyes Wide Shut' gestossen, der gerade lief. Das erinnerte mich daran, dass ich schon lang mal die Traumnovelle lesen wollte und so habe ich sie mir dann auch gleich bestellt. Den Film hab ich aber trotzdem zu Ende geschaut und obwohl ich Tom Cruise nicht wirklich mag, muss ich sagen, dass der Film wirklich spannend gemacht ist.

Das Buch ist ähnlich spannend und entführt uns in fast die gleiche Zeit, in welcher auch das letzte Buch spielt, welches ich gelesen habe. Noch mehr als bei 'Und Nietzsche weinte' fällt dem Leser jedoch die Sprache des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Wien auf. Schon allein diese Sprache versetzt den Leser zurück in die Zeiten der Kopfsteinpflaster über welche die Droschken der Nobelleute ratterten und im Schein der Gaslaternen ihre Schatten in die Strassen warfen. Die Zeit der grossen Entdeckungen in Medizin, Ingenieurswesen und anderen Wissenschaften, aber auch die Zeit des Fin de Siècle und die damit einher gehende ausgeprägte Dekadenz und Wollust. Und genau in diesem Spannungsfeld spielt die Novelle von Schnitzler auch.

So beginnt die Novelle mit dem Geständnis von Albertine, Fridolins Frau, welche ihm ihre erotischen Gefühle oder Phantasien gesteht, in welchen er nicht Objekt ihrer Begierde war. Zwar erwidert Fridolin Albertines Offenheit und gibt ihr einen Einblick in seine Welt, doch wirkt Albertines Geständnis tiefer in ihm, als er sich zuerst eingestehen mag.

Getrieben von dieser Kraft durchstreift Fridolin im Verlauf der Novelle die verschiedensten Situationen, die alle samt auch Stationen eines Traumes hätten sein können. Stationen an denen sich der Reisende selbst existenziell hinterfragt und immer tiefer in sich selbst vordringt. Stationen, in denen der Charakter Fridolins aus verschiedenen Sichteisen beleuchtet wird. Situationen, die für mich wirklich anschaulich den Zeitgeist des damaligen Wiens illustrieren.

Und wie in einem Traum verschwimmt auch die Realität mit dem was hätte sein können, so dass die Phantasie des Lesers am Ende der Novelle stärker genährt ist als die Befriedigung der Neugier.

Mir hat das kleine Büchlein von gerade mal 100 Seiten sehr gut gefallen. Obschon die Sprache zuerst ungewöhnlich wirkt ist der Text dennoch gut und flüssig zu lesen und man taucht wirklich in eine vergangene Welt ein. Schön.

Mittwoch, 18. März 2009

Und Nietzsche weinte - Irvin D. Yalom

Eigentlich sind sich Friedrich Nietzsche und Josef Breuer im wahren Leben nie begegnet und doch baut Yalom basierend auf dieser fiktiven Begegnung einen erstaunlichen Roman auf. Dieser führt uns zurück in das Wien des Fin de Siècle wo wir Zeugen der (fiktiven) Entstehung der analytischen Psychotherapie werden. Eigentlich stand dieses Buch schon lange auf meiner ‘will ich noch lesen Liste’, doch der fliessende Übergang zwischen Realität und Fiktion hat mich immer wieder davon abgehalten dieses Buch ohne die genauere Kenntnis der Biographien von Nietzsche, Breuer und Salomé zu lesen. Durch einen Zufall ist mir dieses Buch jedoch wieder in die Hände gefallen und nun, nachem ich es verschlungen habe, bin ich froh meine vorherige ‘Verpflichtung der wahren Realität gegenüber’ aufgegeben zu haben. Gekonnt vermischt Yalom reale Begebenheiten und Fakten mit fiktiven verbindenden Elementen, so dass eine Geschichte entsteht, die sich gemessen an André Gides Ausspruch ‘Dichtung ist Geschichte, die hätte stattfinden können’ genau so hätte zutragen können.

Nun aber zum eigentlichen Roman. Breuer arbeitet als renommierter Arzt und Erfinder der völlig neuartigen ‘Redekur’ in Wien, als er unerwarteten Besuch empfängt. Lou Salomé, eine ehemalige Freundin Nietzsches, bittet Breuer diese neuartige Kur bei Nietzsche, welcher an Migräne und schwerer Depression leidet anzuwenden. Ungewöhnlich ist jedoch die Tatsache, dass er Nietzsche ohne dessen Wissen behandeln soll. In den Bann von Salomés Erscheinung gezogen, willigt Breuer ein und Lou Salomé arrangiert durch geschickte und listige Manipulation ein Treffen. Doch als schnell klar wird, dass ein alt hergebrachtes Ärzte/Patient-Verhältnis nicht zum Erfolg führen wird, bedient sich Breuer einer List. Er bittet Nietzsche ihn ob seiner eigenen Leiden existentieller Natur zu heilen.

“Seine Angst war eine schmerzende Wunde – bis zu dem Tage, an dem er die Lust als Mittel der Bändigung von Angst entdeckte. Dankbar gewährte er also der Lust Einlaß in sein Bewußtsein, und die Lust, welche keine Rivalinnen duldet, verdrängte alsbald schon alle anderen Gedanken.”

Nietzsche, dessen Philosophie sich genau diesen Themen widmet, einigt ein und so erkunden und entdecken die beiden Protagonisten ihre Psyche, die zwar verschiedenen Quellen entspringen, jedoch erstaunlicherweise auf symptomatischer Ebene sehr viele Parallelen aufweisen. Durch ihre gegensätzliche Herangehensweise und beider Überzeugung den Anderen heilen zu wollen, öffnen sie längst verschlossene Türen in sich selbst und wagen erste vorsichtige Blicke in die sich neu auftuenden Räume. Doch keinem der Beiden gelingt es wirklich, diese neuen Räume auch zu betreten.

"...Sie wollen Fliegen, doch man erfliegt das Fliegen nicht. Zuerst müssen Sie gehen lernen, und der erste Schritt hierzu liegt in der Erkenntnis, daß dem, welcher sich nicht selbst gehorcht, von anderen befohlen wird. Es ist leichter, weitaus leichter, anderen zu gehorchen, als sich selbst zu befehlen."

“Er begreift, daß der Wille machtlos ist gegen das »so war es«. Bin ich imstande, ihn zu lehren, wie das »so war es« in das »so wollte ich es« umzuschaffen ist?”

Erst als Beide ihre innerliche Überlegenheit sowie ihre Überzeugung den anderen heilen zu wollen aufgeben,  kommt es zu einem für beide fruchtbaren Dialog. Aufgrund der Tatsache, dass Nietzsche stark vom Kopf her argumentiert, während Breuer aus der Position des Verfechters der Intuition spricht, haben mich diese Stellen immer wieder an die Unterhaltungen erinnert, welche sich laufend zwischen unserem Kopf und Bauch ergeben. Nur wenn beide sich auf die gleiche Ebene begeben und ihr eigenes Selbstverständnis einer gemeinsamen Demut(*) unterwerfen, werden sie sich auf einer Ebene treffen so dass ein Austausch unter Gleichberechtigten stattfinden kann.

‚Und Nietzsche weinte’ weisst sehr viele Parallelen mit ‚Die Schopenhauer-Kur’ auf. Ganz zentral im Mittelpunkt steht auch hier wieder das Verhältnis zwischen Patient und Therapeut, welches Yalom (so gesehen der Heissenberg der Psychotherapie) auf eindrückliche Weise als Wegbegleiter und nicht als Berater porträtiert. Auch die potentiell heilende Wirkung der Philosophie (sofern man sie in die Praxis umzusetzen vermag) sowie die reichlich enthaltenen Einblicke in die Welt der Psychotherapie sind weitere verbindende Elemente.

Aber der Roman besticht auch durch seine Sprache. Schon nach wenigen Seiten hat man den Eindruck im Wien des späten 19. Jahrhunderts zu sein. Und doch ist der Roman sehr leicht und flüssig zu lesen und wirkt trotz des Spagates zwischen historischer Realität und sinngebender Fiktion sehr natürlich und wenig konstruiert. Ein Buch, welches ich absolut empfehlen kann. Zum Schluss noch einige der vielen Zitate, welche mir gefallen haben.

“Locken? Ich weiß es nicht. Darauf weiß ich keine Antwort. Ich liebe die Gefahr nicht! Wenn mich etwas lockt, dann nicht die Gefahr – eher das Entkommen, und zwar nicht der Gefahr, sondern der Sicherheit. Vielleicht habe ich zu sicher gelebt! Wer weiß, Josef, ob ein sicheres Leben nicht tatsächlich gefährlich sei. Gefährlich tödlich.”

“Wir Skeptiker haben unsere eigenen Feinde, unseren eigenen Teufel, der unsere Skesis unterhöhlt und die Saat des Glaubens in die unvermutetsten Winkel streut. Also töten wir die Götter, sprechen jedoch die Lückenbüßer heilig – Lehrer, Künstler, schöne Frauen”

„Aber Friedrich, müssen wir Forscher nach Wahrheit, um die Wahrheit zu ergründen, nicht aller Illusion abschwören?“
„WAHRHEIT großgeschrieben!“ rief Nietzsche. Nur vergaß ich zu sagen, Josef, daß die Forscher nach Wahrheit eines noch lernen müssen: daß nämlich auch die WAHRHEIT eine Illusion ist – allerdings eine, ohne die wir nicht leben können.“


(*) Ich verwende den Begriff Demut hier nicht im religiösen Kontext sondern im Sinne Fromms, für den die Demut die der Vernunft und Objektivität entsprechende emotionale Haltung als Voraussetzung der Überwindung des eigenen Narzissmus bedeutet.

Donnerstag, 5. März 2009

Die Schopenhauer-Kur – Irvin D. Yalom

Julius Hertzfeldt ist 65 Jahre alt und geniesst einen ausgezeichneten Ruf als Psychoanalytiker bei Kollegen wie auch Patienten. Seit dem Tod seiner Frau vor viele

n Jahren, fand er grosse Erfüllung in seiner Arbeit und der Passion anderen Menschen zu helfen. Doch all das gerät aus den Fugen als er die Diagnose eines bösartigen Krebsleidens erhält, welches ihm lediglich noch ein Jahr zugesteht.

 

Schnell kristallisiert sich aus der aufkeimenden Frage nach dem Sinn seines Lebens die Frage nach den nachhaltigen Erfolgen seines Wirkens als Psychotherapeut. Sicher hatte er vielen Menschen vordergründlich helfen können, dem war er sich sicher. Doch irgendetwas trübt diese Gewissheit.

 

"Hast du deinen Patienten wirklich und wahrhaftig geholfen? Vielleicht hast Du einfach nur gelernt, dir die Patienten auszusuchen, denen es auch von selbst besser gegangen wäre."

 

Getrieben von seiner Antwort nach dieser Frage, die ihm wie ein Stachel im Fleische seiner Selbst sitzt, nimmt Julius Kontakt mit Philip Slate, einem ehemaligen Patienten auf. Als er erfährt, dass Philip, welchen er über Jahre hinweg erfolglos von seiner Sexsucht zu therapieren versuchte allein durch die Lektüre Schopenhauers vollständig von seinem Leiden geheilt wurde ist Julius' Interesse geweckt.

 

"Die Schopenhauer-Kur" ist ein intelligenter Roman, welcher zwischen den Polen der Philosophie und der Psychologie ein breites Betätigungsfeld für die menschliche Sinnsuche entstehen lässt. Wie ein Pendel zwischen diesen beiden Polen führen meist alternierende Kapitel in die am Anfang völlig antagonistisch erscheinenden Welten der Schopenhauerschen Philosophie und der Gruppentherapie ein.

 

Geschickt webt Yalom all diese Aspekte in eine interessante und spannende Handlung mit ein, welche einen fesselt und viele der theoretischen Konstrukte und Prinzipien sehr kurzweilig und interessant erscheinen lässt. Ein interessanter Einblick in die Welt der Philisophie speziell von Kant über Schopenhauer bis hin zu Nietzsche und deren Verbindung über Freud bis in die moderne Analytik. Ein wirklich tolles Buch, für welches man ein Ausspruch Zarathustras  folgendermassen umschreiben könnte:

 

"War das das Buch (Orig.: Leben)? Nun denn, noch einmal!"

Samstag, 21. Februar 2009

Fields of the Nephilim

Vor einiger Zeit bin ich durch Zufall auf ‚Fields of the Nephilim’ gestossen und mittlerweile gehören sie mehr oder weniger zu meinem ‚Standart Repertoire’, welches ich des Öfteren höre. Grund genug ihnen einen Blogeintrag zu widmen.

 

 

Das Wort Ha-Nephillim kommt eigentlich aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie ‚Der Fäller’ oder ‚Der zu Fall bringende’ und entstammt der altisraelischen Mythologie. Später wurde der Ausdruck meist mit ‚Gefallener Engel’ übersetzt. Die Band wurde 1983 gegründet, 1991 aufgelöst und 2005 wiedervereinigt. Besonders die mystische und geheimnisvolle Stimmung ihrer Songs hat es mir angetan.

 

 

Ich bin gespannt, ob diese Art von Musik ihre Anhänger unter den Bloglesern findet ;-).