Montag, 20. April 2009

Der Panama-Hut - oder was einen guten Therapeuten ausmacht – Irvin D. Yalom

Wäre ich beim Stöbern in der Buchhandlung auf ein Buch mit dem Untertitel ‘Was einen guten Therapeuten ausmacht’ gestossen, so hätte ich es wohl ganz schnell wieder ins Regal zurück gestellt, denn üblicherweise erregen Titel, die ganz im Stil des Massenmarktes der Lebensratgeber ihre Einsichten in leicht zu befolgenden Imperativen versprühen, meine ganze Skepsis. Auch der Aufbau des Buches, sowie die Überschriften, welche mir zu ‘catchy’ sind, sprechen mich nicht wirklich an und ehrlich gesagt, hat es mich auch erstaunt, dass Yalom dieses Format gewählt hat um diverse Aspekte aus seinem 45jährigen Berufsleben als Psychotherapeut weiter zu geben, denn aus den bisherigen Büchern, speziell aber aus seinem Fachbuch ‘Existenzielle Psychotherapie’, habe ich ihn als sehr wissenschaftlich denkenden Autor kennen gelernt.

Aber eben, Skepsis einer bestimmten Sache gegenüber ist ein Vorurteil, welches in Abwesenheit detaillierteren Wissens durchaus seine Berechtigung hat (denn Vorurteile geben uns Leitlinien, wie wir mit Dingen umgehen können, für die wir keinerlei Erfahrungswerte haben). Man muss einfach nur bereit sein, seine Vorurteile in Anbetracht neuer Erkenntnisse zu revidieren. Und so erging es mir auch relativ schnell, als ich mir dieses Buch aufgrund meiner bisher guten Erfahrungen mit Yalom vornahm.

In 85 Kapiteln beschreibt Yalom die prägendsten seiner Erfarungen zu grundlegenden Fragen therapeutischen Schaffens. Gut die Hälfte des Buches ist, wie kaum anders zu vermuten war, der Beziehung zwischen dem Therapeuten und dem Klienten gewidmet. Ein Thema, welches zwar in all seinen Büchern eine zentrale Stellung einnimmt, in seiner Verbindung mit dem ‘Hier-und-jetzt’-Konzept für mich jedoch einige Aha-Erlebnisse inne hatte. Die Art und Weise, wie es Yalom gelingt die Pathologien, wegen derer er von seinen Klienten aufgesucht wird in den Sitzungen mit ihnen zu reproduzieren und sie in diesem Moment als Symptomatik zwischen Therapeut und Patient zu betrachten (und nicht etwa als meist verzerrte Wahrnehmung bereits vergangener Geschehnisse) war für mich sehr lehrreich. Mir gefällt in diesem Zusammenhang auch die Überzeugung Yaloms, dass sich der Therapeut viel weniger auf die archäologische Arbeit bezüglich der Vergangenheit des Patientens und dafür mehr auf dessen Interaktion in der Gegenwart fokussieren sollte. Eine solche Auffassung, die in den neueren Zweigen der Psychotherapie häufiger anzutreffen ist, bereichert in meinen Augen die klassische Psychoanalyse ungemein und macht diese für mein Empfinden viel menschlicher und wertschätzender.

Die weiteren drei Themenbereiche, die die andere Hälfte des Buches ausmachen, widmen sich im Folgenden neben den ganz praktischen prozeduralen Themen einer Psychotherapie noch der Verwendung von Traummaterial in der Psychoanalyse sowie den Potentialen und Gefahren psychotherapeutischer Arbeit aus Sicht des Therapeuten.

Alles in Allem ein Buch, von dem ich doch einiges profitiert habe. Zwar überzeugt es mich nicht in dem Masse wie die vorherigen Bücher, die ich aus Yaloms Feder kenne, doch Grund um meine oben beschriebene Skepsis aufzugeben, habe ich allemal ;-).

 

Keine Kommentare: