Freitag, 25. Dezember 2009

Ein menschliches Herz – Irvin D. Yalom

Eigentlich wollte ich ja heute den ganzen Tag auf die Prüfungen im Januar lernen, aber als ich gestern in der Buchhandlung zwei neue Bücher für das kommende Semester abgeholt habe (Entwicklungspsychologie), entdeckte ich auch ein neues Buch von Yalom. Und so sank ich heute mit Cappuccino, einem Glas voll Gummibärchen, frisch gepresstem Orangensaft und mehreren Vanillekerzen gerüstet, in die Fluten meiner Badewanne. Im Hintergrund aus dem Wohnzimmer hörte ich Pink Floyd und begann zu lesen.

Zwar verbindet Bob (Robert L. Berger) und Irv (Irvin D. Yalom) eine lange Freundschaft, und trotzdem hat Bob nie sehr viel darüber erzählt, wie er als Jugendlicher, dessen ganze Familie ermordet wurde, alleine den Holocaust in Ungarn überlebte. Doch als Bob an der 50 Jahrfeier ihrer Approbation Irv am Arm nahm und zur Seite zog sollte sich dies ändern. Im weiteren Verlauf folgt der Leser der Unterhaltung zwischen Bob und Irv an besagter Jubiläumsfeier und wird dabei Zeuge, wie stark die Gegenwart noch nach Jahrzehnten an den Toren der Vergangenheit rütteln kann.

Im Vergleich zu den andern Büchern, die ich von Yalom gelesen habe (Die Schopenhauer-Kur, Und Nietzsche weinte, Existenzielle Psychotherapie, Die Liebe und ihr Henker, Der Panama-Hut, Die Reise mit Paula), ist dieses Buch weder Roman noch Fachbuch. Es erscheint vielmehr die Skizze oder Vorlage eines Romans zu sein. So werden weder die einzelnen Figuren, noch die Umstände detailliert herausgearbeitet. Auch gibt es nur den einen Handlungsstrang der Unterhaltung, aus welchem zurück in die Vergangenheit geblickt wird. All die schriftstellerischen Fähigkeiten, die Yalom ansonsten eigentlich auszeichnen, finden hier also wenig Anwendung.

Und doch ist es irgendwie stimmig, denn das was Yalom beschreibt, erscheint sehr real - vermutlich weil es ebenso real von den Beteiligten erlebt wurde. Sicher hätte ein Roman um diesen Kern die Spannung erhöht oder den Leser stärker in die Vergangenheit entführt. Und trotzdem wird nach dem Lesen des Buches glaube ich klar, warum sich Yalom für diesen Weg entschieden hat. Die Realität der Ereignisse (die mich übrigens einige Male an Frankls Schilderungen erinnert hat) steht für sich selbst.

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