Donnerstag, 3. Januar 2008

Sumchi – Amos Oz

Heute habe ich mich wieder in die Welt der Kinder begeben. Nachdem ich richtig ausgeschlafen und meine eMails beantwortet habe, hab ich wieder mal die Wanne einlaufen lassen und es mir mit Cappuccino, Vanillekerzen und Musik dort bequem gemacht und bin Sumchi, einem kleinen elfjährigen Jungen, der in Jerusalem lebt, etwas durch sein Leben gefolgt.

Die Geschichte spielt 1947, also ein Jahr vor der Staatsgründung, in Jerusalem. Dort geht Sumchi auch zur Schule und von der Schule her kennt Sumchi auch Esthi, in die er verliebt ist. Doch obwohl er diese Liebe stark in sich fühlt, so ist die Liebe für einen Elfjährigen eine verzwickte Sache. Denn wird man dabei entdeckt, wie man sie kundtut oder zu ihr steht, so ist man sich des Spottes der Klasse sicher, ohne jedoch vorab zu wissen, dass das Mädchen, in welches man verliebt ist, die Liebe erwidern würde. Man muss also doppelt mutig sein.

Und das ist Sumchi nicht. Deswegen neckt er Esthi auch oft, zieht ihr an ihren Zöpfen und klebt auch des Öfteren einen Kaugummi an ihre Sitzlehne wenn sie ihren weissen Pullover an hat welchen Sumchi so gern hat. Im Nachhinein versteht er sich selbst nicht, denn eigentlich liebt er sie und doch kann er sich mit der Realität konfrontiert nur so verhalten.

Doch neben dieser realen Welt, da gibt es noch die Welt die Sumchi in seinen Phantasien entstehen lässt. Ferne Länder Expeditionen nach Afrika in Gebiete, die noch nie einen weissen Menschen gesehen haben. Gebiete, die sich vortrefflich dazu eignen würden mit Esthi aus dem Alltag auszubrechen. Doch sein Tagebuch, welches als einziger diese Welten mit ihm teilt verschwindet eines Tages (und taucht an unerwarteter Stelle wieder auf).

Als Sumchi eines Tages von seinem Onkel ein Fahrrad geschenkt bekommt, sieht er sich seinen Traum ein bedeutendes Stück Näher. Ein Fahrrad, welches ihn in Richtung Süden durch Katamon und Talpiot, durch Bethlehem, Hebron und Beer-Schewa, durch die Wüste Negev und die Wüste Sinai bis nach Sambesi im Herzen Afrikas tragen würde. Doch aus einer Begeisterung hinaus tauscht er sein Fahrrad gegen eine Spielzeugeisenbahn, die er in Folge (gezwungenermassen) gegen einen Hund tauscht, der ihm davonrennt und er daraufhin einen Bleistiftspitzer findet. Ein simpler Bleistiftspitzer, der ihm Esthis Herz erschliesst.

Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Es ist eine Geschichte, welche in Anlehnung an das Märchen ‚Hans im Glück’ über Veränderungen im Leben berichtet. Veränderungen, die nicht planbar sind, Veränderungen, die einfach geschehen und doch ihren Sinn haben. Sensibel und aus den Augen eines Kindes beschreibt Oz Dinge, die wir alle aus unserer Kindheit kennen. Ich habe mich beim Lesen oft in meine Kindheit zurückversetzt gefühlt und oft ist auch mein altes Schulhaus in Gedanken aufgetaucht, denn auch in meinem Leben gab es damals eine 'Esthi' - nur hiess sie Astrid. Doch leider habe ich nie einen Bleistiftspitzer gefunden und so blieb es für mich lediglich beim Ziehen an ihren Haaren.

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