Mittwoch, 13. Januar 2010

Die Reise mit Paula – irvin D. Yalom

Nun, da die Semesterabschlussprüfungen vorüber sind, habe ich wieder etwas mehr Zeit für die anderen Dinge, welche die letzten Wochen und Monate liegen geblieben sind. Vor einer ganzen Weile habe ich bereits dieses Buch von Yalom gelesen und muss sagen, dass es ein ‚typischer Yalom’ ist.

In 6 Geschichten bietet Yalom Einblick in seine Arbeit als Psychotherapeut, welche wohl am ehesten als eine Verschmelzung aus analytischer Psychologie (Ätiologie), Existenzialismus (Überzeugung) und Humanismus (Haltung) verstanden werden kann. Sechs Geschichten, in welchen die Themen Verlust und Tod mal auf Basis wirklicher Begegnungen, mal erforscht in fiktiven Realitäten, sich als grosse treibende Kraft in unserem Leben zeigen.

Obwohl manche den Gedanken an ihn nicht ertragen können und nicht weiterleben wollen, löschen die meisten von uns das Bewusstsein des Todes aus, indem wir uns in die Aufgaben des Erwachsenenlebens stürzen – wir gründen eine Familie, widmen uns den Karrieren, dem persönlichen Wachstum, erwerben Besitztümer, üben Macht aus, bemühen uns, in allem Sieger zu bleiben. Da stehe ich jetzt im Leben. Nach diesem Stadium treten wir in das späte Lebensalter ein, in dem das Bewusstsein vom Tod wieder auftaucht. Und jetzt ist der Tod entschieden bedrohlich – er steht sogar unmittelbar bevor.

Dies hat mich im Übrigen an die Konstruktion der eigenen Identität und der Tatsache erinnert, dass es für Menschen (überlebens-) wichtig ist, das Gefühl einer inneren Konstanz aufrecht zu erhalten. Dieses uns innewohnende Konstanzstreben, welches so mächtig ist, die Vergangenheit in einem anderen Lichte erscheinen zu lassen, wurde eindrücklich von Kundera in ‚Das Leben ist anderswo’ beschrieben und auch Sloterdijk lies sich wohl durch diesen Gedanken inspirieren, als er im Zuge seiner übungstheoretischen Anthropologiebetrachtung schieb:

Verhalte dich jederzeit so, dass die Nacherzählung deines Werdeganges als Schema einer verallgemeinerbaren Vollendungsgeschichte dienen könnte.

Mir hat das Buch wirklich gut gefallen, da es in vielen Details menschliche Verhaltensweisen aufzeigt und diese in einen grösseren Bezugsrahmen eingliedert, über welchen wir Sinn erzeugen. Es regt ungemein zum Nachdenken an und schafft so eine interessante Betrachtungsweise auf unser eigenes Tun und Handeln.

Natürlich sind diese Betrachtungen in nahezu jedem Buch von Yalom zu finden (Siehe: Die Schopenhauer-Kur, Und Nietzsche weinte, Existenzielle Psychotherapie, Die Liebe und ihr Henker, Der Panama-Hut, Ein menschliches Herz), doch die unterschiedlichen Blickwinkel, die hierbei eingenommen werden, sind meines Erachtens nach sehr hilfreich um aus all den Schatten, die dort beschrieben werden, intuitiv auf das eigentliche Feuer schliessen zu können. Ein Feuer in uns, von welchem wir uns vermutlich nie ein Bild machen können – es aber dennoch intuitiv begreifen können.

Zum Schluss möchte ich noch einen Satz zitieren, welcher den Aspekt der Reziprozität von Liebe ausdrückt ohne kalt und analysierend wie all die anderen Reziprozitätsbetrachtungen zu wirken. Ein Satz, der mir wirklich gut gefällt:

Die Menschen lieben sich, wenn sie sehen, wie sich ein liebevolles Bild von ihnen selbst in den Augen eines Menschen spiegelt, an dem ihnen wirklich etwas liegt.

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