Freitag, 19. Januar 2007

Das Leben ist anderswo - Milan Kundera

Nach den Büchern "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins", "Die Identität", "Die Unsterblichkeit", "Das Buch der lächerlichen Liebe", "Das Buch vom Lachen und Vergessen" war dieses Buch mein sechstes, welches ich in kurzer Zeit von Kundera gelesen habe. Sein Schreibstil, sowie die Art sich auszudrücken ist mir mittlerweile sogar irgendwie ans Herz gewachsen.

Das Buch ist eine fiktive Biographie des Dichters Jaromil, der in der Tschechoslowakei der Nachkriegszeit aufwächst. Er ist Dichter, weil ihm das in ganz besonderer Weise in die Wiege gelegt wurde. Ja, er hat Talent, doch das ist es nicht, was ihm in die Wiege gelegt wurde. Vielmehr war es die Bestimmung Dichter werden zu müssen.

Das Buch durchläuft die verschiedenen Phasen seines Lebens und trifft meiner Meinung nach in jeder Phase den richtigen Ton. Speziell jedoch die Phase der Kindheit sowie die Phase der Jugend haben es mir besonders angetan (liegt das daran, dass ich versöhnlich auf sie zurückblicken kann?). Und eigentlich möchte ich den Inhalt überhaupt nicht weiter kommentieren. Dieses Buch muss man einfach gelesen haben. Warum? Wegen der einfühlsamen Dialoge, der Themen, die Kundera aufgreift und seiner unbeschreiblichen Gabe aus belanglosen Zufällen eine unausweichliche Zukunft oder Gesinnung zu konstruieren, die uns jedes Mal erneut drüber nachdenken lässt, wie sehr unsere Überzeugungen, Werte und Axiome von den Zufällen des Lebens bestimmt werden. Es ist eine versöhnliche Sichtweise, die einem an manchen Stellen nahe legt das Leben nicht allzu dogmatisch sondern mit einer (sehr speziellen) Art der Leichtigkeit zu sehen.

Mein ganz persönliches Highlight war der dritte Teil des Buches. Unvergessen werden mir die Schilderungen Kunderas bleiben, in welchen er beispielsweise den Zwistreit zwischen einem Kuss und der Schüchternheit in Jaromil unglaublich plastisch und auf sehr behutsame und einfühlsame Weise beschreibt. Ebenfalls unvergessen werden mir folgende beiden Textstellen bleiben:

"Glauben Sie, die Vergangenheit sei, nur weil sie schon geschehen ist, fertig und unabänderlich? Ach nein, ihr Kleid ist aus schillerndem Taft geschneidert, und jedesmal, wenn wir uns nach ihr umdrehen, sehen wir sie in einer anderen Farbe."

oder

"Zärtlichkeit ist der Versuch, einen künstlichen Raum zu schaffen, in dem das Abkommen gilt, dass wir uns dem anderen wie einem Kind zuwenden wollen.
Zärtlichkeit ist auch das Erschrecken vor den körperlichen Folgen der Liebe; es ist der Versuch, die Liebe aus dem Reich des Erwachsenseins (in dem sie verbindlich und verfänglich ist, voller Verantwortung und Körper) zu entführen und die Frau als Kind zu betrachten."

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