Sonntag, 29. April 2007

Anleitung zum Unglücklichsein/Vom Schlechten des Guten – Paul Watzlawick

Zuerst dachte ich, 'Vom Schlechten des Guten' ist lediglich ein Untertitel des Buches 'Anleitung zum Unglücklichsein'. Doch ab etwa Seite 120 merkte ich, dass es wirklich ein zweites Buch in einer Ausgabe sein muss ;-). Da es aber physisch lediglich ein Buch war und die Themen sehr verwandt waren, schreibe ich nur einen Blog-Eintrag dazu.

Durch die Seminare an der Uni und die vielen Bücher, die ich daraufhin im Bereich systemische Familientherapie gelesen habe, kannte ich Watzlawick und seine Ideen bereits etwas. So waren die Konzepte nicht wirklich neu und doch war das Buch ungemein amüsant und kurzweilig zu lesen. Schon der Anfang ist Watzlawick meiner Meinung nach sehr gelungen.

»[...] so haben es sich die Sozialstaaten im großen Maßstabe zur Aufgabe gemacht, das Leben des Staatsbürgers von der Wiege bis zur Bahre sicher und glücktriefend zu gestalten. Dies ist aber nur dadurch möglich, daß der Staatsbürger systematisch zur gesellschaftlichen Inkompetenz erzogen wird. In der gesamten westlichen Welt steigen daher die Staatsausgaben für das Gesundheits- und Sozialwesen von Jahr zu Jahr immer steiler an. [...] Man stelle sich nur vor, wie es um uns stünde, wenn dieser Aufwärtstrend zum Stocken käme oder gar rückläufig würde. Riesige Ministerien und andere Monsterorganisationen brächen zusammen, ganze Industriezweige gingen bankrott und Millionen von Menschen wären arbeitslos. [...] Zur Vermeidung dieser Katastrophe will das vorliegende Buch einen kleinen, verantwortungsbewussten Beitrag leisten.«

Und so gibt Watzlawick in seinem Buch Ratschläge, wie man unglücklich wird. Diese Ironie zieht sich auch durch das Buch durch und macht es sehr erfrischend zu lesen. Doch obwohl die einzelnen Effekte sehr amüsant beschrieben sind, treffen sie genau ins Schwarze. Vielleicht gibt auch diese Art der Beschreibung eine andere Perspektive auf die Probleme.

Einerseits beschreibt Watzlawick grundsätzliche Strukturen und andererseits lockern auch wieder kurze prägnante Unglücksrezepte den Text auf und exemplifizieren die gerade beschriebene Struktur. In Bezug auf das Lieben, welches erwartungsgemäss einen grossen Platz einnimmt, rät Watzlawick in seiner ironischen Art zum Beispiel:

»Rede dir ein, du liebst, wo du flüchtig begehrst. Glaub es dann selbst... Aufrichtig liebt, wem's gelang, sich selbst in Feuer zu sprechen.«

Neben diesen Unglücksrezepten kommt Watzlawick dennoch nicht umhin auch ein paar Glücksrezepte einzustreuen. So schreibt er zum Beispiel:

»Reife, so lautet bekanntlich der ausgezeichnete Aphorismus, ist die Fähigkeit, das Rechte auch dann zu tun, wenn es die Eltern empfohlen haben.«

Oft ist es mir passiert, dass ich etwas gelesen habe und mir sofort Beispiele aus meinem eigenen Leben zu einem Prinzip, welches Watzlawick skizziert hat, eingefallen sind. Zum Beispiel ein Thema welches ich in letzter Zeit ab und zu mit Freunden besprochen habe: Je älter man wird, desto schwerer scheint es zu sein einen Partner zu finden. Man hat viele Erfahrungen gemacht und scheint genau zu wissen, was man will und was nicht. Watzlawick schreibt hierzu:

»Wenn einem Pferd durch eine Metallplatte im Stallboden ein elektrischer Schock in einen Huf zugefügt wird und kurz davor ein Summerzeichen ertönt, so bringt das Tier sehr rasch diese beiden Wahrnehmungen in scheinbar ursächlichen Zusammenhang. Das heißt, jedesmal, wenn der Summer ertönt, wird das Pferd nun den betreffenden Huf anheben, um dem Schock zu entgehen. Ist einmal diese Assoziation zwischen Summer und Schock hergestellt, so ist der Schock nicht mehr nötig: Der Summer allein führt zum Anheben des Hufs. Und jeder dieser Akte der Vermeidung verstärkt im Tiere die Überzeugung, daß es damit die schmerzvolle Gefahr vermieden hat. Was es nicht weiß und auf diese Weise auch nie herausfinden kann, ist, daß die Gefahr schon längst nicht mehr besteht.«

Nun ist das wirklich keine revolutionäre Erkenntnis, denn wer von uns hat diese Gedanken nicht schon gehabt. Vielmehr sind es die Verbindungen zwischen all diesen Gedanken, vermischt mit unseren Erfahrungen, die uns viele neue Gedanken und Ideen geben, wenn wir dieses Buch lesen. Zumindest habe ich ein paar Mal diverse Aha-Erlebnisse gehabt (Übrigens: Dem aufmerksamen Leser mag die Parallele zum letzten Zitat des Blog-Eintrages zu Rafik Schami’s Buch ‚Eine Hand voller Sterne’ aufgefallen sein.).

Da ich schon so viel zum ersten Buch geschrieben habe, werde ich zum Zweiten lediglich schreiben, dass es mir ebenfalls sehr gut gefallen hat und den Text, welchen ich mir zum Schluss auf den Buchrand geschrieben hab (Yep, in dieses Buch hab ich wirklich sehr viel reingeschrieben) zitieren:

Wir sind stets auf der Suche nach der Erfüllung und diese Erfüllung hilft uns dabei für immer zu suchen (und unser Glück auf diesem Wege in vielen kleinen Abschnitten zu finden) indem sie nie eintritt. Sie gibt uns quasi die Kraft für Immer zu suchen und somit das Potential glücklich zu sein. Wir können diese Erfüllung auch wie Novalis 'Blaue Blume' oder wie ich, Sehnsucht nennen.

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