Sonntag, 28. Januar 2024

Daheim - Judith Hermann

 

In «Daheim» begleitet der Leser die namenslose, 47 Jahre alte Protagonistin auf ihrem Weg aus ihrem alten Leben in ein Neues. Der Roman beginnt auf den ersten 25 Seiten mit einem Rückblick in ihre späten Jugendjahre (sie war damals 17), wechselt danach aber schnell in die Gegenwart und erzählt in der Folge mehr und mehr aus ihrem Leben dazwischen. Wie sie ihren Mann kennen lerne. Wie ihre gemeinsame Tochter gross wurde. Wie ihr Mann und sie sich trennten. Nun lebt sie in einem Haus am Meer und obwohl sie bereits einen Winter dort lebte, ist sie noch nicht angekommen.

 

Dabei empfand ich die Sprache auf den ersten 25 Seiten ganz anders – vielleicht erzählerischer – als die der Folgenden. Die Sprache über nahezu den Rest des Buches ist karger, lakonischer und wirkt irgendwie verschwommener. Erst auf den letzten 30-40 Seiten gewinnt sie den erzählerischen Stil zurück. Was daran liegen mag, dass man auch inhaltlich merkt, dass die Protagonistin so langsam in ihrem neuen Leben angekommen ist. 

 

Der Hauptteil des Buches widmet sich aber dieser (verschwommenen) Übergangsphase, in welcher der Leser die Protagonistin stück für stück, über die verschiedenen Phasen ihres Lebens besser kennenlernt. Sie bleibt, für den Leser und vielleicht auch für sich selbst, schlecht greifbar.

 

«Ich sage ihm, dass es keine Bedeutung hat. Dass es nur gibt, was Du gerade erlebst, und jede Erklärung, die du dafür hast, ist ausgedacht und existiert erst, wenn du sie formulierst. Ihr denkt, ihr hättet eine Bibliothek in euch, eine Sammlung, Bilder und Erinnerungen, die euch zu dem machen, was ihr seid. Gründe für das, was ihr mögt und nicht mögt. Aber diese Bibliothek ist eine Erfindung.»

«[…] du denkst, dass das Unbewusste klar werden kann. Als wäre es eine Höhle, in der das Licht angeht. Und diese Höhle gibt es eben nicht.»

 

Dieses Zitat beschreibt für mich einerseits den Prozess, in welchem der Leser die Protagonistin kennenlernt, bzw. etwas über sie erfährt, denn das Gefühl sie zu kennen hat sich bei mir nie eingestellt. Andererseits erinnert es mich an einige Texte aus der Philosophie des Geistes (z.B. hier), welche ich vor nicht allzu langer Zeit gelesen habe – Aber das wäre wohl ein ganz eigener Blog-Eintrag.

 

Nun, da ich das Buch vom Schluss her betrachte, blicke ich ganz anders auf das Buch als während des Lesens. Denn dort hat mich diese lakonische und karge Schreibweise, welche sich über lange Passagen erstreckt, nicht wirklich mitnehmen können. Sie erinnerte mich stellenweise an Arto Paasilinna, mit dem ich auch nie wirklich warm geworden bin. Aber so unterschiedlich sind wohl die Vorlieben…

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