Sonntag, 21. Januar 2024

Ruhm - Daniel Kehlmann

 

Als ich das letzte Mal in der Buchhandlung nach neuen Büchern geschaut habe, ist mir auch dieses hier von Daniel Kehlmann in die Finger gekommen. Und da mir die «Vermessung der Welt» (von welchem ich aber keinen Blogeintrag habe) sehr gut gefallen hat, habe ich es mitgenommen. Erst jetzt, nachdem ich es gelesen habe und nun anfange den Blogeintrag zu schreiben ist mir aufgefallen, dass ich ja noch ein Buch von Kehlmann gelesen habe – Und zwar «Der fernste Ort». Und jetzt, da ich den Blogeintrag von «der fernste Ort» so lese und mich wieder langsam dran erinnere, habe ich das Gefühl, dass beide Bücher auch einiges gemeinsam haben. Aber nun zu diesem Buch…

 

Warum das Buch gerade «ruhm» heisst, war mir lange nicht ganz klar. Das viel prominentere Motiv wäre vermutlich das eines Doppellebens. Denn in den neun Geschichten, aus welchen das Buch besteht, ist das Thema Doppelleben omnipräsent. Sei das explizit in der Geschichte «Wie ich log und starb» in welcher der Protagonist sich einem Doppelleben zwischen seiner Frau Hannah und seiner Geliebten Luzia hingibt. Sei das in einer abgewandelten Form in «Stimmen», in welcher die Telefonnummer eines berühmten Schauspielers an jemanden weitergegeben wurde der, mit ähnlicher Stimme, von nun an das Leben des Schauspielers wie ein fremd gelebtes Leben lebt. Sei es die Geschichte «Der Ausweg» in welcher die Auswirkungen des fremd gelebten Lebens auf den berühmten Schauspieler klar werden. Sei es in «Rosalie geht sterben» in welcher die Grenzen zwischen dem Autor einer Geschichte und deren Protagonistin langsam verwaschen und beide innerhalb der Geschichte in einen direkten Dialog treten. Bis hin zu zwei Geschichten, welche zwar gleich heissen, wovon die erste aber von einem Autor erzählt, der sich durch Beobachtung Dinge aus dem Leben anderer aneignet und diese in seine Geschichten einbaut und eben die zweite eine solche Geschichte ist – Nur mit der Besonderheit, dass die Charaktere der zweiten Geschichte langsam anfangen zu verstehen, dass sie vom Autor geschaffen wurden und somit ihr aufgezwungenes doppeltes Leben realisieren.

 

Klingt kompliziert? Ist es eigentlich gar nicht. Während man zu Anfang die Geschichten noch als isolierte Kurzgeschichten liest, so begreift man doch relativ schnell, dass sie durch Charaktere, Ereignisse oder Gegenstände an so vielen Stellen zusammenhängen, so dass sich ein dichtes Netz aus Beziehungen ergibt. 

 

«Wir sind immer in Geschichten. Er zog an der Zigarette, der Glutpunkt leuchtete rot auf, dann senkte er sie und blies den Rauch in die warme Luft. Geschichten in Geschichten in Geschichten. Man weiss nie, wo eine endet und eine andere beginnt! In Wahrheit fliessen alle ineinander. Nur in Büchern sind sie säuberlich getrennt.»


Und hier kommt dann vielleicht wieder der Titel ins Spiel, denn in allen Geschichten geht es um die Definitionshoheit des eigenen Lebens bzw. um die Macht über dasselbe. Und so ist es vielleicht tröstlich optimistisch, dass in der letzten Geschichte eine geborgte Romanfigur die Intentionen des Autors erkennt, ihn im Roman darauf anspricht und dieser sich kurz darauf unwiederbringlich aus der Geschichte schreibt.

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