Sonntag, 7. Januar 2024

Spinner - Benedict Wells

 

Nachdem ich über die Weihnachtstage «Vom Ende der Einsamkeit» gelesen habe und in dem Roman regelrecht versunken bin, habe ich mir auch noch ein paar andere Bücher von Wells gekauft – Und Gestern und heute war nun «Spinner» dran.

 

Der Spinner ist Jesper Lier, welchen der Leser eine ereignisreiche Woche von Montag bis Sonntag in seinem Leben in Berlin begleitet. Jesper ist Zwanzig Jahre alt, und lebt seit einem Jahr in Berlin um dort als Schriftsteller zu avancieren. Seine Kontakte nach München, wo er zur Schule ging, hat er allesamt mit dem Umzug abgebrochen, um in eine neue Welt zu flüchten – Weg von einer existierenden aber auch hin zu einer neuen, verheissungsvolleren.

 

Er haust in einer Kellerwohnung am Prenzlauer Berg, durch deren Oberlicht man die Beine der Fussgänger auf dem Trottoir sehen kann. Dort schrieb Jesper auch mit viel Alkohol, Schlaftabletten, Einsamkeit und Sehnsucht, sein Erstlingswerk «Der Leidensgenosse». Er ist in den letzten Zügen mit seinem epischen Manuskript von 1283 Seiten. Auch hat er gedanklich schon viele Diskussionen mit Verlegern gehabt – Manche rebellisch, manche unterwürfig. Doch einen wirklichen solchen Dialog gab es nie, denn Jespers episches Werk wurde immer abgelehnt. Eigentlich ist Jesper auch klar, dass der Roman über lange Stellen hinweg nicht gut genug war, um veröffentlicht zu werden und dennoch hält er beharrlich an ihm fest, erlaubt das Festhalten ihm doch das Verweilen in seiner Welt fern ab der Realität. Stück für Stück begleitet der Leser Jesper und beobachtet, wie diese imaginierte Welt Risse bekommt und an allen Ecken und Enden langsam der Geist eines neuen Lebensabschnitts eindringt.

 

«Spinner» ist Wells erster Roman, welchen er bereits mit 19 Jahren schrieb. Veröffentlicht wurde er aber erst nach seinem Debüt-Roman «Becks letzter Sommer» in 2009. Zehn Jahre nach der Veröffentlichung überarbeitete Wells den kompletten Roman jedoch noch einmal und veröffentlichte die neue Version (welche ich gelesen habe) in 2019. Dazwischen lagen «Fast Genial (2011)», «Vom Ende der Einsamkeit (2016)», «Die Wahrheit über das Lügen (2018)». Hier beschreibt Wells auf, wie ich finde, sympathische Art, wie er von den Erfahrungen der dazwischenliegenden Romane profitiert hat, was ihn dazu bewogen hat den Roman zu überarbeiten und wie sich das auf den Roman ausgewirkt hat.


«Spinner» erreicht für mich deutlich nicht die emotionale Tiefe und Subtilität von «Vom Ende der Einsamkeit». Dennoch finde ich es einen lesenswerten Roman, welchen ich durchaus empfehlen kann.

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