Dienstag, 25. September 2007

Die Stunde zwischen Hund und Wolf – Silke Scheuermann

Ines und ihre Schwester, die Erzählerin, sind die beiden zentralen Figuren in diesem Roman von Silke Scheuermann. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Rom kehrt die Erzählerin zurück nach Frankfurt und trifft dort eines Morgens im Hallenbad unvermittelt auf ihre Schwester Ines. Unvermittelt deshalb, weil sie niemandem aus ihrem früheren Umfeld gesagt hatte, dass sie zurück in Frankfurt ist. Bereits nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass ihre Schwester Ines sie gesucht hat. Warum, das erfährt der Leser jedoch erst einiges später.

Zuerst sehr widerwillig, dann aber doch von einer inneren Stimme getrieben, lässt die Erzählerin sich auf ihre Schwester ein und entdeckt einen Menschen, den sie so noch nicht vorher kannte. Ines, früher eine enthusiastische Malerin, hat ihr Atelier verkauft und ihren Beruf aufgegeben. Nach und nach entdeckt die Erzählerin, dass Ines sich in Probleme verstrickt hat, die auch in die Kindheit, in die Familie der beiden Schwestern zurück reichen.

In schöner und bildreicher Sprache beschreibt Ilka Scheuermann das Wiedersehen zweier Schwestern, das neu Erkennen nach vielen Jahren der Trennung sowie die Verbindungen und Verwicklungen, die über all die Zeit der Kindheit mit der eigenen Familie bestehen. Das buch ist flüssig und gut geschrieben und das Lesen hat wirklich Spass gemacht. Allerdings hätte ich mir hier und da einen etwas tiefgründigeren Blick hinter die Fassade der beteiligten Personen gewünscht. Alles in Allem aber ein unterhaltsames Buch.

Sonntag, 16. September 2007

Die Legende vom heiligen Trinker – Joseph Roth

Andreas ist Clochard und lebt unter den Brücken von Paris. Dort trifft er auch eines Abends auf einen gut gekleideten älteren Herren, der ihm zweihundert Franc schenkt. Da Andreas jedoch ein Mann der Ehre ist und darauf besteht, die zweihundert Franc zurückzuzahlen, bittet ihn der Fremde am nächsten Sonntag nach der Messe in der Kapelle der kleinen heiligen Therese das Geld dort zu spenden.

Ein Wunder, so könnte man meinen. Und in der Tat, es geschehen noch mehrere dieser Wunder. Andreas scheint auch wieder Fuss im Leben zu fassen. So nimmt er einen Aushilfsjob an und trifft alte Freunde wieder, welche die gemeinsame Vergangenheit in ihm aufleben lassen. Das Geld jedoch kommt und geht und die nächsten beiden Sonntage nach der Messe sind stets weniger als 200 Franc übrig.

Am dritten Sonntag stirbt Andreas in der Sakristei der Kapelle der kleinen Therese mit mehr als zweihundert Franc in der Tasche und den Worten »Fräulein Therese!« im Mund.

Da ich dieses Wochenende fast jede freie Minute beim Tauchen war, bin ich leider nicht zum Lesen gekommen. Also habe ich mir heute Abend ein sehr dünnes Buch ausgesucht, habe mich in die Badewanne gelegt und gelesen. Gefallen hat mir das Buch allerdings nicht wirklich. Ja, in dem Text von Joseph Roth sind viele Andeutungen bezüglich unseres eigenen Lebens erkennbar und auch der letzte Satz des Buches »Gebe Gott uns allen, uns Trinkern, einen so leichten und so schönen Tod!« spricht diese Sprache. Doch irgendwie hat das Buch es nicht geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen. Geschrieben im Stil eines Märchens, verzeiht man dem Buch durchaus die etwas konstruierte Geschichte. Und dennoch finde ich die Geschichte zu platt und zu belanglos um im Text zu versinken. Ich kann auch die überaus guten Bewertungen bei Amazon nicht wirklich verstehen.

Donnerstag, 13. September 2007

Leon & Lara – Britta Sauer

als ich heute vom Geschäft heim gekommen bin, habe ich mir etwas zu Essen gemacht und mich danach zum Entspannen auf das Sofa vor den Fernseher gelegt. Viel habe ich die nächsten drei Stunden nicht mitbekommen, da ich sofort eingeschlafen bin. Kurz nach 23:30 habe ich verschlafen meine Augen geöffnet und die ersten Minuten des Films Leon & Lara eigentlich nur im Halbschlaf mitbekommen. Vielleicht liegt es daran, dass ich im Halbschlaf in den Film 'eingestiegen' bin und vielleicht waren meine Gefühle im Halbschlaf zugänglicher, aber der Film hat mich total verzaubert.

Leon und Lara waren in der Schule ein Paar. Doch als Leon Lara betrügt verlässt sie ihn. Ihre drei Versuche ihn in den Jahren darauf zu kontaktieren bleiben unbeantwortet. Doch als das zehnjährige Abiturtreffen vor der Türe steht, hofft Lara darauf Leon wieder zu sehen.
Doch Leon scheint nicht zu kommen und so ruft Lara enttäuscht ihren Freund an und bittet ihn sie abzuholen. Da dieser jedoch Spätschicht hat, verspricht er in einer Stunde dort zu sein. Und gerade als Lara auflegt, steht Leon hinter ihr.
Beide haben also genau eine Stunde zeit um zehn Jahre aufzuholen. Zehn Jahre in denen viel passiert ist und doch scheint es eine Brücke über die Zeit zu geben.

Diese Brücke, die für mich total spürbar wurde ist auch genau das, was mich an diesem Film so berührt hat. Zunehmend erfährt man mehr über das Leben der Beiden und deren Werdegang nach ihrer Trennung. Immer wieder merkt man dabei, dass sie sich zwar zehn Jahre nicht gesehen haben und doch emotional sehr verbunden waren. Das klingt vielleicht etwas kitschig, aber der Film schafft es, dieses Gefühl in einer absolut glaubhaften Art und Weise zu vermitteln. Eine Weise, die den Zuschauer mitfiebern lässt und zumindest mich sehr gerührt hat.

Ein Buch scheint es leider nicht zu diesem Film zu geben. Aber ich habe eine Website mit Kurzfilmen und Filmprojekten entdeckt, auf der man den Film für € 1.20 anschauen kann. Es lohnt sich.

P.s. diese Website enthält auch viele andere Filme, die sehr interessant klingen. Einige davon sind auch kostenlos. Man muss sich lediglich (kostenlos) registrieren. Ich werde sicher in nächster Zeit sicher ein paar dieser Kurzfilme anschauen.

Mittwoch, 12. September 2007

Unsichtbar – Ivana Jeissing

Jane Terry, die Protagonistin dieses Romans, ist unsichtbar. Nicht unsichtbar im Sinne von Jack Griffin in H.G. Wells Klassiker The invisible man. Vielmehr ist Jane in aller Gesellschaft so unauffällig und zurückhaltend, dass sie oft nicht wahrgenommen wird. Jane hat dies von ihrer Mutter gelernt, denn diese opferte ihre Sichtbarkeit dem Ehefrieden und begab sich freiwillig in den Schatten ihres Mannes.

Dies, zusammen mit der Tatsache, dass sich Jane von ihren Eltern nicht sonderlich geliebt gefühlt hat führte auch dazu, dass Sie sich in den Schatten ihres Mannes begeben hatte um dort die vermisste Liebe in all ihrer Unsichtbarkeit zu finden. Die ersten Jahre geht ihre Rechnung auch auf, doch nach einem Umzug von London nach Berlin lernt Jane den alten Betreiber eines Kinos kennen. Mit Fred reflektiert sie ihre Lage und fängt an ihr Dilemma zu erkennen.

Der Roman beschreibt, wie Jane aus ihrer eigenen Unmündigkeit ins Licht tritt und ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Allerdings erst nach einigen Schmerzlichen Einsichten. Sätze wie

»Und wie oft habe ich vergessen, den Geschirrspüler richtig einzuräumen, und als Peter das saubere Geschirr ausräumte, hat er nicht gesehen, daß es sauber war, sondern nur, daß es falsch eingeräumt war.«

illustrieren die Macht der Gewohnheit, die uns von unserem Partner in festgeschriebenen Bahnen denken lässt und das, was wir erwarten somit zur Wahrheit erhebt - unserer Wahrheit.

Das erste Drittel des Romans habe ich einfach so verschlungen. Mir gefällt die Art und Weise, in der Ivana Jeissing für Dinge, die wir aus unser aller Leben kennen Bilder findet, die uns die dahinter liegenden Mechanismen veranschaulicht. Zugleich schreibt sie sehr locker und unprätentiös, so dass sich das Buch sehr flüssig liest. Lediglich das zweite Drittel ist für meinen Geschmack etwas in ein literarisches 'Sex and the City' abgerutscht. Der Schluss hat mir wieder gut gefallen.

Zum Schluss, soviel sei vorweg genommen, findet Jane jedoch ihren ganz eigenen Weg und tritt aus ihrem selbst gewählten Schattendasein in die Sonne.

»Danke. Mir geht es gut. Ziemlich gut sogar.«
»Unsichtbar und gut?«»Nein. Sichtbar gut. Seit ich weiß, daß ein unsichtbares Leben nicht unverwundbar macht, sondern nur ohne einen stattfindet.«

Dienstag, 11. September 2007

Die Sache mit dem Glück – Yael Hedaya

Das erste Buch welches ich von Yael Hedaya gelesen habe (Zusammenstöße. Eine Liebesgeschichte), hatte ich mir eigentlich nur wegen des Namens der Autorin gekauft. Yael, so sollte unsere Tochter heissen, die ich mir damals, vor der Trennung von meiner Partnerin, so sehr gewünscht hatte. Das Buch gefiel mir aber gut. Nicht zuletzt, da die Autorin auf interessante Weise das Leben in Israel in ihre Geschichte eingeflochten hat, was mich ebenfalls an unsere kurze Zeit in Israel erinnert hatte. Tja, die Nostalgie ;-). Nun aber zum eigentlichen Buch.

Matti ist Vater zweier Jungen mit Mira und hat vor kurzem erfahren, dass er an einem unheilbaren Gehirntumor leidet. Unaufhörlich schreitet dieser voran und raubt Matti jegliche Selbständigkeit, bis er schlussendlich in ein Hospiz eingewiesen wird. Doch auch wenn Matti das Element ist, welches alles in diesem Roman zusammenhält und verbindet, so geht es letztendlich doch um die Sichtweisen der beiden Frauen, die eine Rolle in Mattis Leben spielen.

Einerseits ist das natürlich Mattis Frau Mira. Doch parallel und auf ungreifbare Weise sehr präsent ist Alona, die grosse Liebe Mattis. Als Matti und Alona sich kennen lernten, war er 30 und sie gerade eben 15. Und auch wenn das Jahr, das Matti und Alona zusammen verbracht haben bereits viele Jahre zurück liegt, so überschattet es doch das ganze weitere Leben von Matti und Mira.

Auf sehr bedrückende und manchmal sogar emotional brutale Weise schildert Yael Hedaya die Gefühlswelten der drei Beteiligten. Obwohl man merkt, dass alle Beteiligten in vielen Momenten, die beschrieben werden, nach ihrem Glück streben, kommt nie wirklich eine Hoffnung beim Leser auf.

Sehr interessant ist auch die laufend wechselnde Erzählperspektive aus Sicht der verschiedenen Beteiligten. Durch diese wechselnde Perspektive werden die tragischen Verflechtungen zwischen der einzelnen Beteiligten noch krasser sichtbar, denn wenn eine Handlung, in die der Erzählende all seine Hoffnung legt, aus der darauf folgenden Sichtweise des Gegenüber entweder total falsch verstanden oder als das genaue Gegenteil empfunden wird, so macht sich beim Leser eine tiefe Hoffnungslosigkeit breit.

Gegen Ende des Romans lernen sich allerdings Mira und Alona persönlich kennen und für mich setzt dies ein Wandel in Gang, der einen Ausweg aus dieser fatalen Konstellation aufzeigt. Somit verliert der Roman gegen Ende etwas von seiner Bedrohlichkeit und findet zu einer gelungenen Balance zwischen hartem Realismus und der Möglichkeit für Mira und Alona ihr weiteres Leben wieder in ihre eigenen Hände nehmen zu können.

Montag, 10. September 2007

Dieser Tag - Mondscheiner

Vor ein paar Tagen hat mir eine Bekannte einen Link eines Videos auf YouTube geschickt und seither bekomme ich dieses Lied nicht mehr aus meinem Kopf ;-). Also dachte ich, dass ich es auch mit den Lesern meines Blogs teilen kann. Für mich versprüht dieser Song einfach Lebenslust. Viel Spass beim Hören.



P.s.: Wer sich für weitere Lieder von Mondscheiner interessiert, findet hier eine Auswahl.

Sonntag, 9. September 2007

Hallo, ist da jemand? - Jostein Gaarder

Joakim ist acht und liegt tief im Schlaf, als er von seinem Vater geweckt wird. »Du musst aufwachen, Joakim! […] Es ist mitten in der Nacht, aber das weiß das Baby ja nicht, und jetzt will es nicht mehr in Mamas Bauch sein«. In aller Eile ruft sein Vater noch Tante Helene an, die sich mit dem ersten Bus aufmachen wird um auf Joakim acht zu geben, während seine Eltern im Krankenhaus sind. Doch bis dahin ist Joakim alleine und so sitzt er an seinem Fenster und starrt in den Sternenhimmel.

Alles ändert sich jedoch, als er zuerst eine Sternschnuppe über den Himmel jagen sieht, die direkt im Garten vor dem Haus landet und er kurz danach einen kleinen Jungen schreiend an seinen Hosenträgern im Apfelbaum hängen sieht. Mika, der kleine Junge im Apfelbaum, kommt vom Planten Eloj. Einem Planeten, der einige Ähnlichkeiten mit der Erde hat. Und doch hat Mika komische Angewohnheiten und Ansichten. So verbeugt er sich beispielsweise immer, wenn Joakim eine gute Frage stellt. Nie aber wenn er antwortet, denn »eine Antwort ist immer ein Stück des Weges, der hinter dir liegt. Nur eine Frage kann uns weiterführen«.

Aber abgesehen von den unterschiedlichen Angewohnheiten der Beiden entdecken sie bald, dass es die gleichen Fragen sind, die sie bewegen und so entdecken Beide, dass vieles, was wir für alltäglich nehmen in sich selbst schon ein kleines Wunder ist.

Gelesen habe ich dieses Buch am vorletzten Sonntagvormittag in der Badewanne. Es liest sich sehr zügig und mit seinen knapp hundert Seiten ist man relativ schnell durch. Mir hat es persönlich gut gefallen, denn die Welt der Kinder und ihre Sichtweise ist schon immer eine Welt gewesen, die mich fasziniert. Nicht als Ersatz zur Welt der Erwachsenen (denn dort fühle ich mich wohl und würde nicht wieder ein Kind sein wollen), sondern als Anregung flexibel zu sein. In einer Kurzgeschichte habe ich das mal so umschrieben: „Manchmal öffnet uns die Blauäugigkeit Türen, die wir schon längst zuvor verschlossen geglaubt haben.“