Montag, 26. Mai 2008

Ein Vormittag am Zoll oder eine gute Lektion in Bezug auf ‚Ich will’

Eigentlich hatte ich den Tag heute gut verplant aber das Leben hat sich nicht dran gehalten – Frech, oder?

Als ich heute Morgen um 06:00 nach einer viel zu kurzen Nacht aufstand, war ich eigentlich schon zu spät dran, denn ich hatte um 09:00 einen Termin beim Autohändler in Deutschland. Da ich die Tage zuvor ergebnislos versucht hatte einen Termin in den BMW Garagen in Zürich für einen Service zu bekommen, habe ich kurzerhand einen Termin in der Stadt meiner Eltern in Deutschland gebucht und plante den Service mit einem Besuch bei ihnen zu verbinden. Etwas in Eile packte ich meine Dinge und machte mich auf den Weg - bis mein Tatendrang am Zoll gebremst wurde. Wider Erwarten wurde ich angehalten (das passiert mir sonst eigentlich nie) und der Zöllner begann mit einer Reihe ungewöhnlicher Fragen.

Zöllner: »Ist das Ihr Auto?«
Baghira: »Ja.«
Zöllner: »Was wollen Sie in Deutschland?«
Baghira: »Meine Eltern besuchen.«
Zöllner: »Haben Sie noch ein anderes Auto?«
Baghira: »Ja.«
Zöllner: »Wo steht dieses?«
Baghira: »In Zürich.«


Und so setzte sich der Dialog fort. Nachdem der Zöllner auch die Marke, das Baujahr und den genauen Standort des Autos wusste und ich immer verwunderter ob seiner Fragen war, sagte er »Sie werden schon verstehen, dass wir Sie ohne Nummernschild nicht einreisen lassen können«. Nun war alles klar. Ich hatte in der Eile des Morgens vergessen, das Wechselnummernschild vom anderen Auto umzuhängen.

Noch in der festen Überzeugung, dass es sich dabei um eine Lappalie handelt, musste ich über meine Schussligkeit laut lachen. Die Angelegenheit beim deutschen Zoll war auch schnell erledigt. Schwieriger stellte sich die Situation bei den Schweizer Kollegen dar. Nach etwa einer halben Stunde an Überprüfungen wurde mir mitgeteilt, dass mein Vergehen mit CHF 140.- geahndet werden würde, eine Polizeistreife in Zürich entsandt werden würde, die sich versichern sollte, dass das andere Auto mit den Nummernschildern ordnungsgemäss in der Garage steht und dass ich keinesfalls ohne Nummernschilder weiterfahren dürfte. Zwar hatte der Zöllner noch versucht bei der Kapo zu erwirken, dass ich wenigstens so zurückfahren könne um die Schilder zu wechseln, doch anscheinend ohne Erfolg.

In dieser Situation kamen mir auch spontan Milgrams Experimente in den Sinn über welche ich mich neulich mit einer sehr netten Person unterhalten habe ;-), denn der persönliche Kontakt mit den Zöllnern war nett, höflich und hilfsbereit. Die Kapo, zu welcher der Zöllner lediglich telefonischen Kontakt hatte war jedoch unpersönlich und stellte sich sehr schnell stur. Analog eben zu Milgrams Experimenten, bei denen die Absenz des persönlichen Kontaktes auch sehr viel harschere Reaktionen und gesteigerte Obrigkeitshörigkeit zur Folge hatte.

Zum Glück erklärte sich ein guter Freund von mir sofort bereit meine Nummernschilder an die Grenze zu bringen. Dennoch stand ich insgesamt ca. 4 Stunden am Zoll, las etwas und träumte etwas vor mich hin. Und so kamen mir eben auch einige Gedanken zum Thema ‚Ich will…’. Denn anfänglich als mir erklärt wurde, dass ich den Wagen stehen lassen muss, herrschte in mir ein etwas trotziges Gefühl im Sinne von ‚Ich will jetzt aber weiter fahren, denn ich habe mir doch in den Kopf gesetzt heute den Wagen zum Service zu bringen.’ vor. Früher hätte mich dieses Gefühl wohl schnell ärgerlich gemacht. Doch es war schön zu sehen wie schnell dieses Gefühl wieder vorbei war und durch die Frage ‚mal schauen, was der heutige Tag noch mit sich bringt’ ersetzt wurde. Und in der Tat, anstatt eines langweiligen Service Termins verbrachte ich ein paar Stunden mit einem guten Freund total entspannt beim Mittagessen und Kaffee in Konstanz. Eigentlich ein sehr guter Tausch!

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