Samstag, 5. Mai 2007

Vom Unsinn des Sinns - Paul Watzlawick

Dieses Buch ist eigentlich eine Zusammenfassung zweier Vorträge Watzlawicks welche er 1989 und 1991 im Rahmen der 'Wiener Vorlesungen' im Rathaus in Wien gehalten hat. Zentrales Thema ist der Konstruktivismus, dessen 'Denkensweise' und die Schlussfolgerungen, welche man auf dessen Basis ziehen kann.

Watzlawick zeigt die soziale Interaktion der Menschen im Lichte des Konstruktivismus und zieht gelegentlich Parallelen zur Physik, Biologie oder Literatur, da in diesen Bereichen der Konstruktivismus teilweise ein breiteres Fundament besitzt.

So schreibt er über die Fraglichkeit des dualistischen Weltbildes, die Fragwürdigkeit unserer Wahrnehmung, der Unterscheidung zwischen Wahrnehmung und Sinnzuschreibung oder eben über den Sinn und Un-Sinn unserer Wirklichkeitsvorstellung.

Das Buch war interessant zu lesen, bot jedoch kaum neue Anregungen für weiterführende Gedanken. Zwar hat mich das, was ich gelesen habe immer wieder an Dinge aus meinem Leben erinnert, doch radikal Neues war nicht dabei.

So erinnerte ich mich zum Beispiel an ein langes Telefonat mit einer lieben Person heute Nacht zwischen Mitternacht und Morgendämmerung, in welchem wir unter vielen anderen Dingen auch über die Untrennbarkeit des Individuums und seinem Umfeld sprachen. So können wir Menschen nicht losgelöst von ihrem Umfeld betrachten oder 'verstehen', denn das Umfeld steht in ständiger Wechselwirkung mit ihnen und damit ihrem Verhalten. Somit scheint auch die Frage nach dem wirklichen Charakter eines Menschen unangebracht zu sein, denn zur Beurteilung benötigt es neben der Umwelt auch einen Beobachter, dessen eigener Charakter für ihn als Referenz dient. Wir sollten also keinen universellen Sinn von unserer Welt erwarten. Vielmehr ist die Frage nach dem Sinn lediglich aus unserer eigenen Perspektive und damit nur für jeden selbst zu beantworten. Hierzu schreibt Watzlawick gegen Ende des Buches:

»Ich behaupte, wenn es Menschen gäbe, die wirklich zu der Einsicht durchbrächen, daß sie die Konstrukteure ihrer eigenen Wirklichkeit sind, würden sich diese Menschen durch drei besondere Eigenschaften auszeichnen. Sie wären erstens frei, denn wer weiß, dass er sich seine eigene Wirklichkeit schafft, kann sie jederzeit auch anders schaffen. Zweitens wäre dieser Mensch im tiefsten ethischen Sinn verantwortlich, denn wer tatsächlich begriffen hat, dass er der Konstrukteur seiner eigenen Wirklichkeit ist, dem steht das bequeme Ausweichen in Sachzwänge und in die Schuld der anderen nicht mehr offen. Und drittens wäre ein solcher Mensch im tiefsten Sinne konziliant.«

Mir gefällt diese Sichtweise zwar, doch frage ich mich, wie frei wir in der Wahl unserer eigenen Wirklichkeit wirklich sind. So gibt es durchaus praktikable Einschränkungen und Zwänge, die uns in gewisse Muster verweisen. Dennoch ist es ganz in meinem Sinne, wenn man erkennt, dass man nicht alle gesellschaftlichen Erklärungsmuster übernehmen muss um auch innerhalb der Gesellschaft glücklich zu werden.

Ein weiteres Zitat, welches mir gefallen hat war:

»Die Langeweile ist die verdünnteste Form der Angst und Leere. Daher unsere dauernde Suche nach dem Sinn.«

Dies hat mich an einen Artikel erinnert, welchen ich irgendwann in 2006 gelesen habe. Hier antwortet der Japaner Simada Masahiko auf die Frage nach dem Unterschied der russischen und japanischen Sehnsucht:

»Für die Russen ist die Sehnsucht eine Art Lebensweisheit, die es ihnen erlaubt, das Schwere im Leben zu überwinden. Die russische Sehnsucht ist ein kreatives Genre; sie eröffnet einem Menschen zusätzliche Möglichkeiten, erlaubt es ihm etwas zu erreichen. In Japan heißt diese Art von Gefühlen „Langeweile“. Und die Technik verfolgt bei uns etwas andere Ziele: es geht immer darum, die Langeweile zu überwinden, und nicht, irgendwelche praktischen Ziele zu erreichen.«

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