Dienstag, 20. Dezember 2011

Mamablog: Kommentar zu ‚Kinder ohne Zukunft’


Heute habe ich zum ersten Mal den Mamablog gelesen und mich dabei an meinen eigenen Blog erinnert, der seit einiger Zeit dahinschlummert. Da mich der Artikel über ‚Kinder ohne Zukunft’ sehr bewegt hat, habe ich meine Gedanken dazu kurz in ein paar Worte gegossen:

Rein affektiv habe ich ähnlich wie Erika B. auf diesen Satz reagiert. Doch warum sollten wir die zutiefst menschliche Erkenntnis der Demut als ein Privileg des Christentums sehen? In meinem Glaube sind die Religionen aus dem Bedürfnis der Menschen nach Stabilität, Geborgenheit und Erfüllung geboren. Ihre Gebote und Imperative schirmen uns ab von der existentialistischen Komplexität des Seins und geben uns damit einen Rahmen und somit eine Form als soziale Wesen mit gemeinsamer Ontologie.

In meinem Weltbild sind jedoch die Gefühle und Bedürfnisse der Menschen grundlegend. Aber auch ich bin ein Kind meiner Vergangenheit und kann dieses alte schale Gefühl welches sich ergibt, wenn ich etwas als 'zu christlich' empfinde nicht abschütteln. Doch schon ganz bald nach diesem ersten affektiven Gefühl des Widerwillens kommt ein noch etwas jüngeres Gefühl zum Vorschein, welches sich am ehesten in den folgenden Worten von Stendhal widerspiegelt*:

"Wenn ihr euer eigenes Leiden nicht eine Stunde auf euch liegen lassen wollt und immerfort allem möglichen Unglücke von ferne her schon vorbeugt, wenn ihr Leid und Unlust überhaupt als böse, hassenswerth, vernichtungswürdig, als Makel am Dasein empfindet: nun, dann habt ihr die Religion der Behaglichkeit. Ach, wie wenig wisst ihr vom Glücke des Menschen, ihr Behaglichen ... – denn das Glück und das Unglück sind zwei Geschwister und Zwillinge, die mit einander gross wachsen oder, wie bei Euch, mit einander – klein bleiben!"

Ich wünsche keinem Menschen das Schicksal, welches der Freundin der Autorin wie auch Emily Rapp widerfuhr. Es ist einfach nur grausam und macht (a priori) keinen Sinn. Doch ich wünsche all diesen Menschen, dass sie die ganze Kraft der Wut und Trauer, die dies in ihnen freisetzt dafür einsetzen können ihren eigenen Sinn zu finden und diesen im Alltag auch zu behalten. Und eben - einer der grossen Kandidaten für solch einen Sinn ist sicher eine natürliche, gefühlte und intrinsische Demut (um dies von einer durch Institutionen verordneten Demut abzugrenzen). Denn es ist diese Demut, welche uns die schönen Momenten des Lebens erleben lässt uns aber gleichzeitig erdet und uns davon abhält hochmütig zu werden und damit unser grösstes Gut zu verlieren - unsere Menschlichkeit.

Baghira

*) Noch schöner hätte ich das Zitat gefunden, wenn es die Kraft der Verbindung von Glück und Unglück und nicht die Absenz dessen in den Vordergrund gestellt hätte.

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