Dienstag, 12. Mai 2009

Psychotherapeutische Verfahren I - Dirk Revenstorf

Im ersten seiner vier Bände über die verschiedenen Schulen von Psychotherapeutischen Verfahren, beschäftigt sich Dirk Revenstorf mit den tiefenpsychologischen Aspekten der Psychotherapie. Die ca. 60 Seiten des ersten Kapitels sind jedoch einer allgemeinen Einleitung gewidmet, in welchem der Autor einerseits die grundlegenden Ansätze der verschiedenen Strömungen innerhalb der Psychotherapie, sowie andererseits die Aspekte für eine wissenschaftlich komparative Sicht auf diese Ansätze beschreibt. So nehmen Themen wie ‚Therapie-Evaluation’, ‚Therapieprozess’ wie auch ‚Ethik des Psychotherapeuten’ eine zentrale Stellung in diesem Kapitel ein.

Das zweite Kapitel widmet sich dann ausgiebig Freud, dem Urvater der Tiefenpsychologie und seiner Psychoanalyse. Doch so interessant und richtungweisend manche seiner Gedanken gewesen sein mögen, so schnell lässt Freuds Pansexualismus, welcher im Fin de Siècle wohl revolutionär und angebracht war, vor dem Hintergrund der heutigen Gesellschaft Langeweile aufkommen. Nichts desto trotz empfand ich dieses Kapitel speziell im Hinblick auf Historie und Entstehungsgeschichte der Psychotherapie interessant.

Im folgenden Kapitel erweitert Revenstorf den von Freud vorwiegend auf das einzelne Individuum verstandenen Begriff des Unbewussten auf das von Jung postulierte kollektive Unbewusste, welches den Nährboden für dessen Archetypen darstellt. Hiermit wird das Gebiet der für die Ontogenese wichtigen Faktoren um die Phylogenese erweitert, denn Jung sieht in diesen Archetypen das psychische Erbe der Evolution im Individuum manifestiert.

Im vierten Kapitel tritt neben der bisher vorherrschenden geistig-psychischen Sichtweise, der Körper des Menschen ins Blickfeld der Psychotherapie. Während dieser Versuch der Integration des Körpers bei Reich noch interessante, aber teilweise doch irgendwie abstruse Züge annimmt, so merkt man wohl im Laufe des Kapitels, wie diese Bewegung Grundlage für viele der heute verbreiteten Sichtweisen (in etwa der Gestaltpsychologie oder des Embodiment) darstellt.

Anknüpfend an die Bewegung des dritten Kapitels, in welchem die Phylogenese als gestaltendes Element der Ontogenese eingeführt wurde, wird im fünften Kapitel der soziale Aspekt als einer der Triebkräfte auf die individuelle Entwicklung auf Basis der Gedanken Adlers hervorgehoben. So findet sich auch schnell der Übergang zu Bernes Transaktionsanalyse, welche den Hauptteil dieses Kapitels ausmacht.

Als einen prägnanten Abriss über die frühen Anfänge der Tiefenpsychologie, deren Wurzeln bis in fast alle moderneren Formen der Psychotherapie hineinragen, hat mir dieses Buch gut gefallen. Aus heutiger Sicht mögen zwar manche der zugrunde liegenden Gedanken als abstrus oder überholt gelten, doch bezogen auf deren historischen Kontext und die damit verbundenen Fragestellungen und Themen der damaligen Gesellschaft, erhält der Leser die Möglichkeit der abstrakten, aus seinem Umfeld herausgelösten Betrachtungsweise, welche mich mehr als einmal dazu angeregt hat darüber nachzudenken, wie wohl die heutigen Ansichten bereits in naher Zukunft wirken werden. Gedanken, die mich des Öfteren an folgende Zeilen aus Giuseppe Tomasis Roman ‚Il Gattopardo’ (Der Leopard) erinnert haben:


„Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt, wie es ist.“

 

Sonntag, 3. Mai 2009

Psychologiestudium

Seit der Hochzeitsfeier meiner Cousine vor mehr als einem Jahr, an der ich mich mit der Frau eines meiner Cousins über Psychologie unterhalten habe, überlege ich mir nun Psychologie zu studieren. Sie studiert Psychologie an der Fernuni Hagen und zu Anfang war ich eigentlich auch entschlossen dies zu tun. Doch dort ist keinerlei Fokus auf klinische Psychologie während des Studiums gelegt und dem gilt eben mein primäres Interesse.

Auch war ich bis zu meinem Sabbatical geschäftlich so eingespannt, dass ein volles Studium parallel zur Arbeit kaum denkbar war – das sagte ich mir zumindest. Doch während der letzten Monate wurde mir klar, dass mein Herzblut im Bereich der klinischen Psychologie liegt und ich dem mehr nachgehen will. Meine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Dargebotenen Hand und die damit verbundene Ausbildung haben mich seither nur noch bestätigt.

Vor einigen Monaten entdeckte ich dann das Angebot der Schweizer Fernuni, deren Studienangebot im Bereich Psychologie mir viel mehr entgegen kommt als das anderer Fern-Universitäten. Und so waren die letzten Monate gefüllt mit Abwägen, Verwerfen, begeistert sein, erneut Verwerfen und vielen weiteren Gedanken, wie ich das Studium in mein Leben integrieren könnte. Denn die 6 Semester, die das Studium (B.Sc. Psychology) Vollzeit an einer Uni dauert, erstrecken sich als berufsbegleitendes Studium auf  9 Semester und diese bedeuten eine erhebliche Arbeitsbelastung für die nächsten 4 ½ Jahre. Aber ich habe mich letztendlich dazu durchgerungen mich auf einen der Studienplätze zu bewerben, da ich immer mehr zur Überzeugung gekommen bin, dass man dort hingehen muss, wo das eigene Herzblut fliesst (auch wenn das eigene Sicherheitsbedürfnis und die Gewohnheit manchmal vehement opponieren mögen - oder vielleicht gerade dann).

Und gestern habe ich ihn in meinem Briefkasten gefunden – Den Zulassungsbescheid zum Studium!!!! *FREU*. Und so bin ich nun nach all den Jahren, die mein Physikstudium her ist, wieder Student. Das wird wohl eine ganz spannende aber auch sehr arbeitsintensive Zeit werden.